Der Suevit von Fuentes Calientes – Rubielos de la Cérida-Impaktbecken

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Impakt als geologisches Lehrbeispiel: Der Suevit-Aufschluss bei Fuentes Calientes im Rubielos de la Cérida-Impaktbecken (Spanien)

Das mitteltertiäre (Eozän -Oligozän) Impaktereignis mit der Bildung der Azuara-Impaktstruktur und des langgestreckten Rubielos de la Cérida-Impaktbeckens (Abb. 1) ist unter den sehr großen terrestrischen Impaktstrukturen außergewöhnlich. Das betrifft nicht nur die Größe mit der multiplen Anordnung der Krater-Aufreihung über 120 km, sondern auch die exzellenten Aufschlussverhältnisse und den leichten Zugang. Im Prinzip ein Paradies für jeden Impaktforscher. Auf unseren dreisprachigen Impakt-Webseiten zeigen und diskutieren wir das in aller Ausführlichkeit.

1Abb. 1. Lageplan für den Suevit-Aufschluss bei Fuentes Calientes. Eingekreist sind die Azuara-Impaktstruktur und das langgestreckte  Rubielos de la Cérida-Impaktbecken mit einer prominenten Kraterkette, die zusammen das gewaltige Azuara-Impaktereignis begründen.

In den nachfolgenden Ausführungen möchten wir uns eines der interessantesten, wenn nicht des „aufregendsten“ Aufschlusses überhaupt im Rubielos de la Cérida-Impaktbecken, annehmen, um grundlegende Geologie eines sehr großen Impaktereignisses zu zeigen und zu erläutern. Die Studie wird einmal insbesondere denjenigen Geologen empfohlen, die weiterhin davon überzeugt sind, dass das Impaktereignis nie stattgefunden hat, dann aber auch denjenigen Impaktforschern, die immer noch einen großen Bogen um die großartige Impakt-Szenerie in Spanien machen – aus welchen Gründen auch immer. Gerade den Forscher, die sich auch mit neueren Arbeiten wieder mit dem Suevit des Ries-Kraters beschäftigen (worauf wir weiter unten noch eingehen werden), wird die Lektüre als lehrreiches Anschauungsmaterial empfohlen.

Der Straßenaufschluss liegt zwischen der Ortschaft Fuentes Calientes und der Nationalstraße N-420 (Abb. 1) und zeigt den exzellent aufgeschlossenen Kontakt zwischen einer markanten Suevit-Schicht und den autochthonen Utrillas-Schichten der Kreide im Liegenden (Abb. 2). Nachfolgend wird das im Detail beschrieben.

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Abb. 2. Die bunte Formation der Utrillas-Schichten (oder -Fazies) in der Unterkreide (Alb) setzt sich überwiegend aus nur leicht verfestigten Quarzsanden zusammen. Vor dem Ortseingang von Fuentes Calientes ist der rasiermesserscharfe Kontakt zur darüberliegenden basalen Suevit-Brekzie besonders eindrucksvoll. Dabei erinnern wir an die Definition und die genaue Beschreibung dieser basalen Impakt-Brekzie und verweisen auf den Text mit vielen Bildern, den wir dazu an anderer Stelle geschrieben haben (HIER und HIER anklicken).

Der extrem scharfe Kontakt ohne jegliche Aufarbeitung oder Bodenbildung deutet auf eine ganz plötzliche erosive Aktivität durch den Ablagerungsprozess dieser basalen Suevit-Brekzie hin. Wahrscheinlich erfolgte das in einem fließfähigen Zustand, was die nachfolgenden Bilder als wahrscheinlich vermitteln.

3Abb. 3. Weiteres Foto vom scharfen Kontakt der basalen Suevit-Brekzie über den autochthonen Utrillas-Schichten.

Abb. 4. Näherer Blick auf die Kontakt-Zone (Hammer als Maßstab). Die gerundeten Kalkstein-Klasten sprechen nicht gegen einen Brekzien-Charakter des Suevits, da das Einschlaggebiet zu einem großen Anteil aus Konglomeraten des Unteren Tertiär zusammengesetzt war. Auch der Impakt-Prozess selbst war in der Lage, gut gerundete Gerölle zu erzeugen, wie wir es für viele Vorkommen in der Impaktregion gezeigt haben und was wir als in situ Konglomeratisierung bezeichnet haben (hier z.B. anklicken).

Abb. 5. Und noch näher heran …..

6AAbb. 6 A. Eine mächtige, scharf konturierte gang-ähnliche Einschaltung etwas anderer Fazies (markiert in Abb. 6 B), die die suevitische Basalbrekzie durchzieht.

6BAbb. 6 B. Die scharf konturierte Einschaltung weist auf einen offensichtlich komplexen Prozess der Ablagerung der Suevit-Schicht hin, der an den Nördlinger Ries-Krater und die dortigen Suevit-Ablagerungen erinnert. Während das bisher akzeptierte Modell für die Suevit-Ablagerung im Ries vornehmlich Rückfall aus einer aufwärts gerichteten und dann kollabierenden Wolke aus Dampf, Gesteinsschmelze, lithischen und Mineralfragmenten ansah, bewegen sich neuere Untersuchungen (C. Meyer, N. Artemieva, D. Stöffler, W.U. Reimold, K. Wünnemann (2008): Possible mechanisms of suevite deposition in the Ries crater, Germany: analysis of Otting drill core. – Large Meteorite Impacts and Planetary Evolution IV (2008) 3066.pdf) in Richtung eines Modells pyroklastischen Fließens. Einen solchen Mechanismus sollte man auch für den Suevit von Fuentes Calientes (und andere Suevit-Vorkommen in der Azuara/Rubielos de la Cérida-Region) erwägen. Umgekehrt könnten die Autoren des genannten Artikels Stütze für ihr Modell finden, wenn sie denn einmal die spanischen Suevit-Vorkommen besuchen und studieren würden.

7Abb. 7. Nahaufnahme der Kontaktzone der gangartigen Einschaltung von Abb. 6 (Hammer liegt in derselben Position). Die vielen eingeregelten Kalkstein-Klasten zeichnen ein Fließgefüge nach und stützen das Modell eines pyroklastischen Fließens.

88BAbb. 8 A, B. Weitere gangähnliche Einschaltungen unterstreichen das Konzept einer sehr komplexen Suevitablagerung, und wir verweisen noch einmal auf die Ausführungen von Meyer et al. (2008) und zitieren aus dem Artikel (übersetzt): „Es ist gut möglich, dass der Mechanismus der Ablagerung des [Ries-Krater-]Suevits wesentlich komplizierter war: Das Auftreten von Dichte-Strömen mit verschiedenen Gas/Festkörper-Verhältnissen deutet auf die Möglichkeit einer Ablagerung in Form einer Kombination von ausgedünntem Rückfall bis hin zu einem dichten basalen Fließen.

9A9BAbb. 9 A, B: Typische Aufnahmen der Suevit-Brekzie mit dem bunten Spektrum von Gesteinstrümmern aus der sedimentären Stratigraphie des Einschlaggebietes.

10A10BAbb. 10 A, B. Die „hohle Stein“-Fazies. Mehrere Partien des Suevits von Fuentes Calientes zeigen diese eigentümliche Fazies, die aber in der spanischen Impakt-Region nicht ungewöhnlich ist. Wir betrachten sie als unmittelbares Ergebnis des Impakt-Schocks, der zu Dekarbonisierung und/oder zur Bildung von Karbonatschmelze geführt hat. Für den fantastischen Impaktit-Aufschluss von Jaulín (Abb. 11) haben wir zwei Modellvorstellungen zur Entstehung der hohlen Gerölle entwickelt (HIER anklicken), obwohl der Prozess alles andere als völlig verstanden wird.

11Abb. 11. Zum Vergleich: die hohlen Gerölle aus dem Aufschluss der Impakt-Brekzie von Jaulín in der nördlichen Randzone der Azuara-Impaktstruktur. HIER anklicken und mehr eindrucksvolle Fotos aus dem Jaulín-Aufschluss anschauen!

12Abb. 12 A. Die Akkretionäre-Lapilli-Fazies im Suevit von Fuentes Calientes. Der „Zoo“ eigentümlicher Komponenten des Suevits von Fuentes Calientes wird bereichert durch das Auftreten akkretionärer Lapilli in einer karbonatischen Matrix, die als eine Art Lapillistein und in Form eines Gangsystems die Suevit-Brekzie scharf durchschneiden. Einzelheiten in Nahansicht zeigen die Abb. 12 B und C. Akkretionäre Lapilli sind aus verschiedenen Impaktstrukturen bekannt und vermutlich zum ersten Mal von Graup (1981) für den Suevit im Nördlinger Rieskrater beschrieben worden. In der Azuara/Rubielos de la Cérida-Impaktregion wird die Bildung akkretionärer Lapilli häufig beobachtet ( HIER und HIER anklicken!).

13Abb. 12 B. Nahaufnahme des Lapillistein-Gangsystems, das sich erst nach Ablagerung und Verfestigung der Suevit-Hauptmasse einfügen konnte. Andernfalls sollte es zu einer Vermischung der beiden Materialien gekommen sein.

14Abb. 12 C. Weiter vergrößert: die Lapillistein-Fazies. Typisch das interne Zwiebelschalen-Gefüge um einen Steinkern.