Impakt-Gangbrekzien

Impakt-Gangbrekzien – das Material in Impakt-Brekziengängen

Ein Gang im üblichen geologischen Sinne ist ein meist tafelförmiger Körper aus unterschiedlichem Material (Minerale, Gesteine, Erze), der ein Wirtsgestein durchschneidet. Brekziengänge in Impaktstrukturen spielen eine wichtige Rolle zum Verständnis der Abläufe bei der Impakt-Kraterbildung [siehe z.B. Lambert, P. (1981): Breccia dikes: geological constraints on the formation of complex craters. – In: Multi-ring Basins (R. B. Merrill and P. H. Schultz, eds.) Proc. Lunar Planet Sci., 12A, 59-78, New York (Pergamon Press)]. Sie sind von vielen Impaktstrukturen beschrieben worden und wurden im Detail z.B. für die Impaktstrukturen von Rochechouart (Frankreich) und Azuara (Spanien) untersucht.

In der Azuara-Struktur sind die Häufigkeit der Brekziengänge sowie ihre große Variabilität besonders auffällig (siehe FIEBAG, J. (1988): Zur Geologie der Azuara-Struktur – Kartierung im Gebiet zwischen Herrera de los Navarros und Aladrén und süd-östlich von Almonacid de la Cuba sowie spezielle Untersuchungen der Breccien und Breccien-Gänge vor dem Hintergrund einer Impaktgenese der AzuaraStruktur. – Dissertation, Univ. Würzburg, 271 pp., Würzburg).

Das überreichliche Inventar an Impakt-Brekziengängen und ihre im allgemeinen brillanten Aufschlüsse in den großen spanischen Impaktstrukturen hat gewiss kein Äquivalent in allen anderen Impaktstrukturen weltweit. Um so schlimmer, dass spanische Regionalgeologen und führende Forscher der sogenannten Impakt-„Gemeinschaft“ (impact community), einschließlich der kanadischen Impakt-Datenbank an der Universität New Brunswick, immer noch einen weiten Bogen um die prominenten spanischen Impaktstrukturen machen. Mehr zu dieser unglaublichen und für die Forschung unwürdigen Situation steht auf der Seite KONTROVERSE.

Im allgemeinen wird angenommen, dass der größte Teil der Brekziengänge in der Phase der Exkavation durch Injektion von brekziiertem Material in die Wände und den Boden des sich vergrößernden Exkavationskraters entsteht. Spätere Bildungen von Brekziengängen in der Modifikationsphase mit der Vereinnahmung früher gebildeter Gänge können zu Generationen von Gangbrekzien bzw. Brekziengängen führen (siehe Beispiele weiter unten).

Obwohl im Aufschluss häufig eine Ähnlichkeit besteht, sollten Brekziengänge nicht mit Impakt-Pseudotachyliten verwechselt werden (siehe https://www.impaktstrukturen.de/impaktgesteine-impaktite/seite-impakt-schmelzen/). Gemäß Definition sind Pseudotachylite durch eine Matrix aus Schmelzgestein charakterisiert, was klar etwas anderes ist als die klastische Matrix von Gangbrekzien.

 

Brekziengänge des H-Typs

Unter den vielen unterschiedlichen Typen von Brekziengängen in den großen spanischen Impaktstrukturen wird häufig ein sogenannter H-Typ beobachtet. Ein Model der Entstehung zeigt Abb. 1. simple model for the formation of the so-called breccia dike H-type

Abb. 1. Model für die Bildung von Brekziengängen des H-Typs, der häufig in den Azuara und Rubielos de la Cérida-Impaktstrukturen angetroffen wird. Links: erstes Stadium – Bildung von Gängen in der Hochdruckphase der Exkavation parallel zur Hauptnormalspannung mit der Injektion von brekziiertem Material; rechts: zweites Stadium – Bildung orthogonaler Gänge durch Zugbrüche bei der Druckentlastung.

H-type impact breccia dikes, near Belchite, Azuara impact structureAbb. 2. System von Brekziengängen  des H-Typs in Lias-Kalksteinen. Azuara-Impaktstruktur (Spanien), bei Belchite.

H-type impact breccia dikes, Fuendetodos, Azuara impact structureAbb. 3. Brekziengänge vom H-Typ in Jura-Kalksteinen; Fuendetodos, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

H-type impact breccia dikes, near Rudilla, Azuara impact structureAbb. 4. Brekziengänge vom H-Typ in Muschelkalk-Kalksteinen; bei Rudilla, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

H-type impact breccia dikes, Autovía Mudéjar, Azuara impact structureAbb. 5. Brekziengang vom H-Typ; aufgeschlossen während der Bauarbeiten an der Autovía Mudéjar, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

impact breccia dikes of the H type not to be confused with karst features; Fuendetodos, Azuara impact structures

Abb. 6. Brekziengänge vom H-Typ in Jura-Kalksteinen; Fuendetodos, Azuara-Impaktstruktur. Diese Gänge haben mit irgendwelchen Karstbildungen, wie von Regionalgeologen behauptet, nicht das geringste zu tun.

Brekziengang. Rochechouart-Impaktstruktur, Frankreich

impact breccia dike, Rochechouart impact structure, France, Champagnac quarry

Abb. 7. Brekziengang; Steinbruch von Champagnac, Rochechouart-Impaktstruktur (Frankreich). In diesem Steinbruch sind Brekziengänge gemeinsam mit Pseudotachyliten (siehe unten) hervorragend aufgeschlossen.

Einzelne Brekziengänge

Häufig schneiden einzelne Brekziengänge scharf durch das Wirtsgestein ohne jegliche genetische Beziehung zur Tektonik oder zu hydrothermaler Aktivität – Karstbildungen sowieso völlig ausgeschlossen. Regionalgeologen, die mit Impakt-Phänomenen nicht vertraut sind, haben aber regelmäßig die Antwort sogleich parat: Tektonik oder Karst.

impact breccia dike Rubielos de la Cérida impact basin SpainAbb. 8. Brekziengang schneidet scharf durch Jura-Kalksteine. Randbereich des Rubielos de la Cérida-Impaktbeckens, bei Cervera del Rincón.

impact breccia dike sharply cutting through triassic dolostone Rubielos de la Cérida impact basin, SpainAbb. 9. Polymikter Brekziengang durchschneidet triassischen Dolomit. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken, bei Teruel.

impact breccia dike cutting sharply through Jurassic limestone. Rubielos de la Cérida impact basinAbb. 10. Brekziengang in Jura-Kalksteinen. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken (Spanien); östlicher Randbereich. Man beachte die scharfkantigen Brekzien-Komponenten und das scharfkantig zerbrochene Wirtsgestein, was jegliche Karstbildung kategorisch ausschließt.

impact breccia dike Corbalán Rubielos de la Cérida impact basin Spain

Abb. 11. Brekziengang durchschlägt Muschelkalk-Kalkstein. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken; bei Corbalán. Scharfkantige Bruchstrukturen ohne Lösungserscheinungen schließen jegliche Verwechslung mit Karststrukturen aus.

impact breccia dikes, concordant and discordant, in Paleozoic siltstones, Azuara impact structureAbb. 12. Konkordante und diskordante Brekziengänge (grau-grünlich) durchdringen kambrische Siltsteine. Autovía Mudéjar, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

detail of an impact breccia dike in Cambrian siltatone, Autovía Mudéjar, Azuara impact strutureAbb. 13. Detail des Brekzienganges in Abb. 12. In diesem Fall fehlt der „Brekzie“ die übliche Zusammensetzung aus Matrix und Komponenten. Sie besteht aus feinst zerbrochenem allochthonen Material, das in den gut gebankten Siltstein injiziert wurde.

 

 Systeme von Brekziengängen

Systeme von engabständigen Brekziengängen, die scharf durch ihr Wirtsgestein hindurchschneiden, sind ein prominentes Merkmal in den spanischen großen Impaktstrukturen. In praktisch allen Fällen kann eine tektonische oder karstbezogene Entstehung grundsätzlich und sehr einfach ausgeschlossen werden.

breccia dike system im Paleozoic siltstones, near Lechago, rim of the Rubielos de la Cérida impact basinAbb. 14. System von Impakt-Brekziengängen durchschlägt heftigst zertrümmerte paläozoische Siltsteine. Darüber gut geschichtete tertiäre Postimpakt-Konglomerate. Randbereich des Rubielos de la Cérida-Impaktbeckens; bei Lechago.

prominent impact breccia dike system, Corbalán, Rubielos de la Cérida impact

Abb. 15. System von Impakt-Brekziengängen; Teruel – Corbalán, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken.

prominent breccia dike system in Jurassic limestones, Barranco de Bocafoz, Azuara impact structureAbb. 16. System von Impakt-Brekziengängen durchschlägt scharf berandet Jura-Kalksteine. Barranco de Bocafóz, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

impact dike system, in part diverging, Autovía Mudéjar, Azuara impact structure

Abb. 17. System von Impakt-Brekziengängen (das grünlich-graue Material) durchdringt paläozoische Siltsteine. Autovía Mudéjar, Azuara-Impaktstruktur.

system of breccia dikes, Autovía Mudéjar, Azuara impact structure, SpainAbb. 18. System von engabständigen Impakt-Brekziengängen durchdringt paläozoische Siltsteine. Autovía Mudéjar, Azuara-Impaktstruktur.

Generationen von Brekziengängen

Brekzien-Ganggenerationen können als sich kreuzende Gänge, als Gänge, die innerhalb anderer Brekziengänge verlaufen, und als Brekziengänge, die breitere Brekzienzonen queren, charakterisiert werden.

crossing impact breccia dikes, Azuara impact structure, Ventas de MuniesaAbb. 19. Sich kreuzende Brekziengänge (Ganggenerationen) in Malm-Kalkstein. Der zuerst gebildete Gang (N > S) wird von dem jüngeren Gang geschnitten, der Salbänderung zeigt – vermutlich entstanden bei chemischer Reaktion zwischen Gangmaterial und Wirtsgestein. Azuara-Impaktstruktur; bei Ventas de Muniesa, Corral de Cámaras. Maßstab: Streichholzschachtel.

impact breccia dike running within a prior formed breccia dike, breccia dike generationsAbb. 20. Impakt-Brekziengang verläuft innerhalb eines zuvor gebildeten Brekzienganges. (Brekzien-Generationen). Die Einbettung des zweiten Ganges (das weißliche Muschelkalk-Material) belegt eine sehr schnelle Verfestigung der ersten Brekziengeneration (vermutlich mit Keuper-Matrix), weil eine scharfe Begrenzung ohne jegliche Vermischung der Gang-Materialien zu beobachten ist. Bei Monforte de Moyuela, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

impact breccia dike in monomictic impact breccia, Azuara impact structureAbb. 21. Dünner Brekziengang verläuft innerhalb einer monomikten Bewegungsbrkzie mit Mörtelgefüge. Bei Monforte de Moyuela, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

 

Mächtige Brekziengänge

Injizierte Brekziengänge können sehr mächtig werden. Nicht vertraut mit Impaktstrukturen und Impaktphänomenen, interpretierten Geologen Im Azuara-Gelände diese Impaktgänge z.B. als schmale tektonische Gräben, für die sie dann Sprunghöhen bis zu 200 m postulierten.

thick impact breccia dike Azuara impact structure Virgen de Herrera

Abb. 22. Mächtiger Brekziengang durchschlägt paläozoische Siltsteine. Azuara-Impaktstruktur, Auffahrt Santuario Virgin de Herrera.

pair of prominent impact breccia dikes; Autovía Mudéjar, Azuara impact structure

Abb. 23. Zwei breite Impakt-Brekziengänge durchschlagen grob orthogonal die Bankung der paläozoischen Siltsteine. Böschung der Autovía Mudéjar während der Bauarbeiten; Randzone der Azuara-Impaktstruktur. Ausführlicheres zu dieser faszinierenden Impakt-Geologie und ihre ingenieurtechnischen Auswirkungen während des Baus der Autobahn mit vielen Bildern steht HIER.

bifurcating impact breccia dikes, Escorihuela, Rubielos de la Cérida impact basin

Abb. 24. Sich verzweigender Brekziengang durchschlägt Konglomerate des Alttertiärs. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken; bei Escorihuela.

breite Brekziengänge Moyuela Azuara-Impaktstruktur

Abb. 25. Markante Brekziengänge durchschlagen stark megabrekziierte Jura-Kalksteine. Moyuela, Azuara-Impaktstruktur.

thick impact breccia dike with shock effects, Muniesa, Azuara impact structure

Abb. 26. Der markanter Brekziengang hat wegen seiner enormen Zementation der Verwitterung getrotzt und kann im Gelände über eine Strecke von mehr als 300 m verfolgt werden. In den sedimentären Komponenten treten Schockeffekte verbreitet auf.  Bei Muniesa, Azuara-Impaktstruktur.

 

Brekziengänge mit Matrix aus karbonatischer ?Schmelze – möglicherweise Pseudotachylite

impact dike breccia cutting through Mesozoic limestone, near Ojos Negros, Rubielos de la Cérida impact basin rim

Abb. 27. Impakt-Brekziengang; karbonatische Matrix aus der Kristallisation einer Karbonatschmelze oder aus Kalkstein-Dekarbonatisierung und Rekombination; bei Ojos Negros, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken, westliche Randzone. Im Falle einer Karbonatschmelze und im engen Sinne hätten wir es mit einem Impakt-Pseudotachylit zu tun (siehe weiter unten).

impact breccia dike with carbonate or decarbonization matrix, Corbalán, Rubielos de la Cérida impact basin Spain

Abb. 28. Ähnlich wie in Abb. 27: karbonatischer Impakt-Brekziengang mit einer Matrix, die sich aus einer Karbonatschmelze abgeleitet hat oder durch Dekarbonatisierung entstanden ist. Bei Corbalán, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken.

Brekziengang aus vermutlich Karbonatschmelze Rudilla Azuara-Impakt

Abb. 29. Ähnlich wie in Abb. 27:  karbonatischer Impakt-Brekziengang mit einer Matrix, die sich aus einer Karbonatschmelze abgeleitet hat oder durch Dekarbonatisierung entstanden ist. Bei Rudilla, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

 

Besondere Ausbildungen

impact breccia dikes diverging from a larger breccia pocket embedded in Jurassic limestone , Azuara impact structureAbb. 30. Spinnenförmige Impakt-Brekziengänge und Brekzientasche. Bei Ventas de Muniesa, Azuara-Impaktstruktur.

 

impact breccia dike hand sample,Escriche, Rubielos de la Cérida impact basin SpainAbb. 31. Brekziengänge im Handstück. Muschelkalk-Kalkstein, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken; bei Escriche.

photomicrograph breccia dikes crossing quartz grains, Azuara impact structureAbb. 32. Mikroskopischer Brekziengang in einer Quarzit-Komponente aus einer stark geschockten polymikten Gangbrekzie (Gangbrekzien-Generationen). Azuara-Impaktstruktur. Dünnschliff-Aufnahme, einfach pol. Licht und xx Polarisatoren; Bildhöhe 5 mm. Mach beachte, dass der kleine Gang, der vom Hauptgang abzweigt, mehrere Quarzkörner durchschlägt.

Zum Vergleich: Pseudotachylit-Gänge aus den Vredefort- und Rochechouart-Impaktstrukturen

Im Unterschied zu den Impakt-Brekziengängen mit einer klastischen Matrix haben Pseudotachylite eine Matrix, die sich aus einer Schmelze heraus verfestigt hat. Dabei lässt sich nicht immer eine klare Trennung machen, und verschiedenste Übergänge sind möglich. Die Einbettung von Impakt-Pseudotachyliten und Impakt-Brekziengängen gehorcht ähnlichen Prozessen.

system of pseudotachylites in the Vredefort impact structure, South AfricaAbb. 33. Ähnliche Gang-Konfigurationen beim Vergleich mit vielen Impakt-Brekziengängen: Pseudotachylit in der Vredefort-Impaktstruktur (Südafrika).

impact pseudotachylite in the basement of the Vredefort impact structureAbb. 34. Ein weiterer Pseudotachylit-Gang in der Vredefort-Impaktstruktur.

impact pseudotachylite dike in the Rochechouart impact structure, Champagnac outcropAbb. 35. Impakt-Pseudotachylit-Gang; Champagnac, Rochechouart-Impaktstruktur, Frankreich.