Schock-Metamorphose

Schock-Metamorphose – Schockeffekte 

Bei der Kollision eines großen kosmischen Projektils (Asteroid, Komet) mit der Erdoberfläche gehören Schockwellen (Stoßwellen), die sich in den Impaktor und in den Untergrund ausbreiten, zu den wichtigsten Prozessen bei diesem außergewöhnlichen geologischen Ereignis. Impakt-Schockwellen sind durch einen unmittelbaren Einsatz extremer Drücke (bis zur Größenordnung von Megabar) und extremer Temperaturen (bis zu 10 000 Grad oder mehr) bei der Druckentlastung charakterisiert. Diese Temperaturen reichen aus, den Impaktor und ein grob gleich großes Volumen des Untergrundes mehr oder weniger vollständig zu verdampfen, was zu einer gigantischen sich ausbreitenden Impakt-Dampfwolke führt. Beim etwa halbkugelschaligen Ausbreiten in die Gesteine des Untergrundes verliert die Schockwelle Energie, und entsprechend nehmen Drücke und Temperaturen ab. Demgemäß folgt der Verdampfungszone eine Zone des Gesteinsschmelzens, und wenn die Energie noch weiter abgeklungen ist, werden die Gesteine nur noch heftigst zerstört (zerbrochen, brekziiert), und das auch mit abnehmender Intensität. 

Schock-Metamorphose, schockmetamorphe Effekte oder einfach Schockeffekte sind die Begriffe, mit denen Veränderungen in Gesteinen und Mineralen beim Durchgang von Schockwellen bezeichnet werden. Nachfolgend werden wir die wichtigsten Effekte beschreiben und beginnen mit den höchsten Stufen der schockinduzierten Drücke und Temperaturen.

Schock-Schmelze

Schmelzgesteine bei Schockdurchgang bilden sich bei Drücken der Größenordnung 60 GPa (= 600 kbar). Sie finden sich häufig in größeren Mengen in Impaktstrukturen mit einem kristallinen Untergrund, wo sie ganze Lage aus Schmelzgestein bilden können. Diese Schmelzgesteine können normalen magmatischen Gesteinen ähneln und sind auch damit verwechselt worden (z.B. der Granophyr aus der Vredefort-Impaktstruktur in Südafrika).

In Impaktstrukturen im sedimentären Untergrund fehlen meist massive Schmelzgesteine, selbst wenn silikatische Gesteine zur betroffenen Stratigraphie gehören. Diese Beobachtung haben Kieffer & Simonds (1980) damit erklärt, dass die großen Mengen an schock-produziertem Dampf (aus der Verdampfung des Porenwassers und aus der Kalkstein-CO₂-Freisetzung) eine Bildung von kompakten Schmelzgesteinslagen verhindert und stattdessen das schockgeschmolzene Material fein dispergiert.

Noch ungewöhnlichere Effekte der Schockmetamorphose finden sich im karbonatischen Gesteinsuntergrund. Geschockte Karbonatgesteine (Kalksteine, Dolomite) können dekarbonisiert werden (Kalkbrennen), sie können aber auch schmelzen. Anders als silikatische Gesteine können Karbonatschmelzen aber nicht zu Glas abgeschreckt werden, sondern sie kristallisieren sofort wieder und bilden erneut Karbonat. Folglich kann es durchaus schock-produzierte karbonatische Schmelzgesteine in Impaktstrukturen geben, die aber bei flüchtiger Inspektion einfach nicht als solche erkannt werden. Karbonatische Impakt-Schmelzgesteine sind für die Haughton- und Chicxulub-Impaktstrukturen beschrieben worden, insbesondere aber auch für die großen Strukturen des Azuara – Rubielos de la Cérida multiplen Impaktereignisses in Spanien. Wegen der häufigen Karbonatgesteine in der grob 10 km mächtigen rein sedimentären Abfolge im Azuara-Rubielos de la Cérida-Einschlaggebiet, spielen unterschiedlichste karbonatische Schmelzgesteine eine wesentliche Rolle unter den Impaktiten, die über ca. 120 km Ausdehnung in dieser Impaktregion anstehen (siehe auch HIER).

Fotos von einer Menge makroskopischer schockmetamorpher Schmelzgesteine aus unser Sammlung von Impaktgesteinen (Impaktiten) zeigen wir auf der Seite der Impakt-Schmelzgesteine. Hier konzentrieren wir uns auf mikroskopische  Beobachtungen von Schockschmelze, die im allgemeinen in hochgeschockten Impaktbrekzien (Suevite, Suevit-Brekzien) gefunden wird.

Silikatische Schmelze

 glass-nogueras                                                    Abb. 1. Schmelzglas mit Blasen, Schlieren und Mineralfragmenten; Dünnschliff-Aufnahme, einfach polarisiertes Licht und xx Nicols. Stark geschockte Gangbrekzie bei Santa Cruz de Nogueras, Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Aufnahmebreite 9 mm.

Impakt Glas AzuaraAbb. 2. Teilweise rekristallisiertes Schmelzglas; Dünnschliff-Aufnahme, einfach polarisiertes Licht (oben) und xx Nicols. Stark geschockte Gangbrekzie bei Santa Cruz de Nogueras, Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Aufnahmebreite 1 mm.

melt-quartz-grainAbb. 3. Mit Schmelzglas umhülltes Quarzkorn; Dünnschliff-Aufnahme, einfach polarisiertes Licht und xx Nicols (oben links). Stark geschockte polymikte Brekzie bei Nogueras, Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Aufnahmebreite 200 µm.

glass-cucalónAbb. 4. Schock-geschmolzenes Glaspartikel in karbonatischer Matrix. Suevitische Basalbrekzie, Azuara-Impaktstruktur, Suevit-Vorkommen von Cucalón. Dünnschliffaufnahme, einfach pol. Licht und gekreuzte Polarisatoren. Bildbreite 240 µm.

rubielos micro glassAbb. 5. Silikatisches Schmelzgestein; > 90% reines Glas aus geschmolzenem Tonschiefer. Megabrekzie von Barrachina, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken. Optisches Mikroskop; Bildbreite 15 mm.

impact glass SEMAbb. 6REM-Aufnahme des Impaktglases von Abb. 5 (schock-geschmolzener Tonschiefer); Rubielos des La Cérida-Impaktbecken, Megabrekzie von Barrachina.

 

Karbonatschmelze

carbonate-melt RubielosAbb. 7. Weiße tapetenartige Relikte einer Karbonatschmelze überziehen einen zersetzten, dekarbonisierten blasigen Kalkstein.

sem-carbonate-meltAbb. 8. REM-Bilder von Relikten karbonatischer Schmelze. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken; Beckenrand zwischen Escorihuela und El Pobo. Man beachte das blasige, filzige Gefüge.

sem-dendritic-crystallites carbonate meltAbb. 9. REM-Aufnahme von Relikten karbonatischer Schmelze aus vermutlich Muschelkalk-Kalkstein. Man beachte die dendritischen Kristallite. Aufnahmebreite 25 µm.

 

Diaplektisches Glas

Im Schock-Druckbereich 300 – 500 kbar (30 – 50 GPa) ist die vollständige Isotropisierung von Quarz und Feldspat typisch. Mit anderen Worten: Das optisch isotrope und röntgenamorphe diaplektische Glas entsteht durch Schockzerstörung und nicht durch Schmelzen. Gegenwärtiger Kenntnisstand ist, dass sich diaplektisches Glas nicht in endogenen Prozessen bilden kann. Fleckenhafte Schock-Isotropisierung in Quarz setzt bei etwa 100 kbar (10 GPa) ein; siehe nachfolgendes Bild 10.

Soweit uns bekannt ist, sind diaplektische Glimmer bisher weder von Impaktstrukturen noch von Schockexperimenten beschrieben worden. Weiter unten zeigen wir Dünnschliff-Aufnahmen von einem offensichtlich stark geschockten Quarzit aus dem Kraterstreufeld des Chiemgau-Impakts (Krater #001), und in diesem Schliff sind reichlich diaplektische Muskovite zusammen mit diaplektischen Feldspäten zu beobachten. Ein Artikel zu diesem ungewöhnlichen Befund kann unter http://www.chiemgau-impakt.de/2012/12/04/chiemgau-impakt-schockeffekte-diaplektische-minerale-im-krater-001-der-carancas-krater-peru-und-die-frage-der-entstehung-sehr-kleiner-echter-impakt-krater/ angeklickt werden.

 

diaplectic quartz muniesaAbb. 10. Teilweise isotroper Quarz (diaplektischer Kristall) aus einer Gangbrekzie (Azuara-Impaktstruktur, bei Muniesa). Man beachte auch die multiplen Scharen planarer Brüche, die wahrscheinlich auch der Schock verursacht hat. Dünnschliffaufnahme, xx Nicols; Aufnahmebreite 195 µm. Foto: G. Mayer.

diaplectic quartz sandstoneAbb. 11. Diaplektisches Glas in einer stark geschockten polymikten Brekzie aus der Azuara-Impaktstruktur (Spanien). Das Sandstein-Fragment setzt sich aus diaplektischen Quarzkörnern zusammen, die in eine teilweise rekristallisierte Silikatschmelze eingebettet sind. Einfach polarisiertes Licht (links) und xx Nicols. Man beachte einige wenige Löcher im Schliff, die nicht mit diaplektischen Quarzkörnern verwechselt werden dürfen. Aufnahmebreite 600 µm.

diaplectic glass plus PDFs quartz

Abb.12. Diaplektisches Glas und multiple Scharen planarer Deformationsstrukturen (PDFs; siehe weiter unten) in Quarz (Rubielos de la Cérida-Impaktbecken, Spanien). Dünnschliffaufnahme, gekreuzte Polarisatoren. Aufnahmebreite 280 µm.

diaplectic-feldspar-rubielosAbb. 13. Diaplektischer Feldspat (das lange Korn). Impakt-Schmelzgestein aus der Megabrekzie von Barrachina, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken. xx Nicols und einfach polarisiertes Licht. Man beachte die Erhaltung der Korngrenzen und die Brüche im Korn, was sich typischerweise von geschmolzenen Mineralen unterscheidet.

diaplectic glass rochechouartAbb. 14. Dünnschliffaufnahme (xx Nicols) eines stark geschockten Suevits (Chassenon-Varietät, Rochechouart-Impaktstruktur, Frankreich). Das Aufnahmefeld (2 mm breit) wird mehr oder weniger vollständig von optisch isotropem Glas und diaplektischem Quarz/Feldspat eingenommen.

Dünnschliffaufnahme diaplektische Glimmer und Feldspäte xx und IIAbb. 15. Dünnschliff-Aufnahme (Kantenlänge 1 mm; linear polarisiertes Licht und gekreuzte Polarisatoren) von diaplektischem Glas ( Feldspat und Muskovit). Quarzit-Geröll, Chiemgau-Impakt, Deutschland. Den Charakter eines diaplektischen Glases erkennt man an der Isotropisierung, wobei die Korngrenzen und Brüche (beim Feldspat) und die Knickbändern und die Spaltbarkeit (nach (001)) (beim Glimmer) vollkommen erhalten geblieben sind. X = Löcher im Schliff, die bei gekreuzten Polarisatoren ebenfalls opak erscheinen.

Dünnschliffaufnahme diaplektischer Muskovit und Feldspat xx und IIAbb. 16. Dünnschliff-Aufnahme (Kantenlänge 1 mm; linear polarisiertes Licht und gekreuzte Polarisatoren) von diaplektischem Feldspat und Muskovit. Dasselbe Quarzitgeröll wir in Abb. 15. Chiemgau-Impakt, Deutschland.

Dünnschliffaufnahme diaplektischer Muskovite und Feldspäte xx und IIAbb. 17. Dünnschliff-Aufnahme (Kantenlänge 1 mm; linear polarisiertes Licht und gekreuzte Polarisatoren) von diaplektischem Feldspat und Muskovit. Dasselbe Quarzitgeröll wir in Abb. 15. Chiemgau-Impakt, Deutschland.

Ein ausführlicherer Artikel zu den diaplektischen Glimmern und dem begleitenden Rahmen kann HIER angeklickt werden.

Mosaizismus

Mosaizismus ist ein bekanntes Merkmal einer plastischen Deformation von Mineralen durch dynamische Komprimierung. Unter dem Mikroskop sieht man ein stark unregelmäßiges, gesprenkeltes Auslöschungsmuster, das aus der unterschiedlichen Orientierung von Blöcken innerhalb der Kristallstruktur resultiert. Mosaizismus ist ein typischer Schockeffekt, kann sich aber auch unter sehr hohen statischen Drücken entwickeln. Von der vulkanischen Toba-Caldera ist er ebenfalls berichtet worden (Carter & Officer 1989). Im allgemeinen werden Drücke über 10 GPa für die Entstehung von Mosaizismus angenommen (Carter & Officer 1989).

mosaicism Azuara impactAbb. 18. Quarzkörner mit einem stark gesprenkelten Auslöschungsmuster (Mosaizismus). Geschockter Sandstein, Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Dünnschliff-Aufnahme, gekreuzte Polarisatoren, Bildbreite 800 µm. Foto: G. Mayer.

 

Planare Strukturen

Schock-produzierte planare Strukturen umfassen ein breites Spektrum von Deformationen in den verschiedensten Mineralen, wie z.B. planare Deformationsstrukturen (PDFs; von englisch planar deformation features), planare Brüche (Spaltbarkeit, PFs von engl. planar fractures), Verwerfungen, Knickbänder, Zwillingsbildung und Mikrozwillingsbildung sowie Deformationslamellen.

Planare Deformationsstrukturen (PDFs)

PDFs in Quarz ist einer der am überzeugendsten Schockindikatoren, und es gibt dazu eine Menge von Untersuchungen und Analysen (Stöffler 1972, Stöffler & Langenhorst 1994, Grieve et al. 1996, und viele andere). PDFs sind sehr engständige (Abstände < 1 µm bis größenordnungsmäßig 10 µm) und sehr schmale (Bruchteile eines µm) isotrope Lamellen, die kristallographischen Ebenen im Kristall folgen. „Isotrop“ heißt dabei, dass sich PDFs optisch wie ein Glas verhalten. Die Lamellen können homogen oder mit winzigen Eischlüssen dekoriert sein. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand können sich PDFs nur unter Schockdeformation bilden, nicht aber in vulkanischen oder tektonischen Prozessen. Minimaldrücke für die Bildung von PDFs in Quarz liegen bei etwa 5 – 10 GPa (= 50 – 100 kbar). PDFs sind übliche Schockmerkmale auch in Feldspäten und werden selten in anderen Mineralen wie z.B. dichteren mafischen Mineralen beobachtet.

pdfs ries craterAbb. 19. PDFs in Quarz; Suevit, Nördlinger Ries-Krater, Deutschland. Gekreuzte Polarisatoren; Aufnahmebreite 460 µm.

pdfs sem Azuara PelardaAbb. 20. REM-Aufnahme von zwei Scharen sich kreuzender PDFs in Quarz. Quarzit-Komponente aus den Auswurfmassen (Pelarda-Formation) der Azuara- Impaktstruktur (Spanien). Man beachte den Abstand der einzelnen PDFs, der vielfach kleiner als 1 µm ist.

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Abb. 21. Planare Deformationsstrukturen (PDFs) in Quarz; Quarzitgeröll aus den Auswurfmassen (Ejekta) der Azuara-Impaktstruktur. Zwei Scharen von PDFs haben kristallographische Orientierungen nach {10-12} und die {10-13} (siehe Histogramm in Abb. 28) und belegen hohe Schockdrücke > 10 GPa.

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Abb. 22. Multiple Scharen von PDFs in Quarz. Suevit, Ries-Impaktstruktur.

pdfs azuara schockAbb. 23. Multiple Scharen von PDFs in Quarz; stark geschockte polymikte Brekzie, Azuara-Impaktstruktur, Spanien.

PDFs azuara many grainsAbb. 24. Planare Deformationsstrukturen (PDFs) in Quarz-Körnern; stark geschockte polymikte Brekzie, Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Diese geschockten Quarzkörner aus der Brekzie waren die Grundlage für die PDF-Analyse von Dr. Ann Therriault (siehe Abb. 28).

pdfs rubielos sandstoneAbb. 25. Planare Deformationsstrukturen (PDFs) in Quarz; geschockter Kreide-Sandstein, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken, Spanien.

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Abb. 26. PDFs in Quarz; geschockter Sandstein, Corbatón, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken.

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Abb. 27. PDFs in geschocktem  Quarz; Granit, Rochechouart-Impaktstruktur, Frankreich.

 

Kristallographische Orientierung von PDFs in Quarz

Die kristallographische Ausrichtung von PDFs is eine grundsätzliche Vorbedingung für die Schockgenese dieser Lamellen. Besonders die {10-13} and {10-12} -Ebenen (siehe Abb. 17 unten) werden als klarer Beweis für eine Schockdeformation angesehen. Die Orientierung kann mit Hilfe des Universaldrehtisches des Polarisationsmikroskopes ermittelt werden.

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Abb. 28. Histogramm der kristallographischen Orientierung von PDFs in Quarz. Das Diagramm wurde nach Daten gezeichnet, die uns Frau Dr. A. Therriault zur Verfügung gestellt hat.

 

Gekrümmte PDFs in Quarz

Die Forderung nach der kristallographischen Ausrichtung der PDFs hat zu der grundsätzlich irreführenden Behauptung von einigen wenigen Impaktforschern (z.B. W.-U. Reimold, Berlin, und C. Koeberl, Wien) geführt, dass gekrümmte PDFs als nicht beim Impakt entstanden zu gelten haben.

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Abb. 29. Gekrümmte PDFs in Quarz von der Popigai-Impaktstruktur (Russland).

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Abb. 30. Gekrümmte PDFs in Quarz von der Charlevoix-Impaktstruktur (Kanada). Bildquelle: Trepmann and Spray 2004.

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Abb. 31. Gekrümmte PDFs in Quarz vom Chiemgau-Impakt, Deutschland. Bildbreite (Dünnschliff) 1,5 mm. Die gebogenen PDFs sind das Ergebnis einer plastischen Gitterverformung, die logischerweise zu den gekrümmten PDFs führt.

Ein kurzer Artikel, der diesen überholten Glauben zurechtrückt, kann hier angeklickt werden.

 

Planare Deformationsstrukturen (PDFs) in Feldspat

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Abb. 32. Zwillinge, multiple Scharen von PDFs und einige Flecken von diaplektischem Glas (Maskelynit) in Feldspat. Dünnschliffaufnahme, xx Nicols. Man beachte die charakteristische „Leiterstruktur“, wie sie bei French (1998) beschrieben wird. Impakt-Schmelzgestein, Chiemgau-Impakt, Tüttensee-Krater.

 

Planare Brüche (PFs) in Quarz

Gewöhnlich zeigt Quarz keine Spaltbarkeit. In sehr seltenen Fällen, können sich planare Brüche bei starker Regionalmetamorphose bilden. In geschockten Quarzen wird Spaltbarkeit dagegen regelmäßig beobachtet.

pfs azuara NoguerasAbb. 33. Dünnschliffaufnahme (gekreuzte Polarisatoren) von planaren Brüchen (Spaltbarkeit) in Quarz – typischer Schockeffekt, aber ganz ungewöhnlich in tektonisch deformierten Quarzen. Insgesamt sind sechs Scharen unterschiedlicher Orientierung festzustellen. Kristallographische Ebenen nach {10-11} [a], {0001} [b], and {51-61} [c] wurden mit dem Universaldrehtisch ermittelt. Stark geschockte polymikte Brekzie, Azuara-Impaktstruktur (Spanien). Aufnahme ist 430 µm breit.

pfs-utrillas Azuara impactAbb.34. Multiple Scharen planarer Brüche (Spaltbarkeit) in Quarz. Geschockter Kreide-Sandstein (Utrillas). Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Dünnschliffaufnahme, gekreuzte Polarisatoren, Bildbreite 800 µm. Foto: E. Waasmayer.

Spaltbarkeit Quarz Ries Impakt

Abb. 35. Dünnschliffaufnahme (gkreuzte Polarisatoren) von multiplen Scharen planarer Brüche in Quarz; Suevit, Rieskrater (Deutschland). Bildbreite 600 µm.

planar fractures cleavage quartz Ries crater

Abb. 36. Drei scharen planarer Brüche in Quarz; Suevit, rote Varietät von Montoume, Rochechouart-Impaktstruktur (Frankreich). Dünnschliff, linear polarisiertes Licht, Bildbreite 480 µm. Das ne‘, „getoastete“ Quarzkorn zeigt eine Schar PDFs in SW-NE-Richtung.

 

Knickbänder

Knickbänder sind ein verbreiteter Schockeffekt in verschiedenen Mineralen und am besten von geschockten Glimmern bekannt. Sie entstehen bei Gleitungen innerhalb des Kristalls mit einer externen Achse der Rotation. Da Knickbänder auch in tektonisch deformierten Glimmern auftreten, sind sie nicht diagnostisch für Schock. Eine hohe Frequenz von Knickbändern pro Korn, sehr schmale Ausbildung sowie eine große Asymmetrie des Knickwinkels sprechen stark für eine Schockdeformation (Hörz 1979).

Knickbänder in Glimmern

kink bands mica azuara shock

Abb. 37. Extreme Knickbänderung in Biotit aus einer sehr stark geschockten Brekzie (Azuara-Impaktstruktur, bei Nogueras). Dünnschliffaufnahme, gekreuzte Polarisatoren, Bildbreite 840 µm.  Obwohl Knickbänder sich unter statischen Bedingungen einer starken Regionalmetamorphose bilden können, spricht die ungewöhnlich hohe Frequenz von Knickbändern, die damit einhergehende  sehr schmale Ausbildung sowie eine große Asymmetrie des Knickwinkels stark für eine Schockdeformation.

kink bands Chiemgau Impact

Abb. 38. Zwei Scharen konjugierter, sehr engständiger Knickbänder in Glimmer. Dünnschliff, gekreuzte Polarisatoren, Bildbreite 1 mm. Geschocktes Gneisgeröll, Chiemgau-Impakt (Deutschland), Tüttensee-Krater.

mica kink bands Chiemgau impactAbb. 39. Ausgeprägte Knickbänder in Glimmer, die einen großen Winkel mit der Spaltbarkeit (001) bilden. Gneis, Chiemgau-Impakt (Deutschland). Dünnschliffaufnahme, gekreuzte Polarisatoren, Bildbreite 650 µm.

kink bands mica rochechouart impactAbb. 40. Geknickte Biotite. Geschocktes Kristallin aus der Rochechouart-Impaktstruktur, Frankreich.

kink-bands-muscovite-rochechouart-impactAbb. 41. Hohe Kinkband-Frequenz in Muskovit. Suevit, Chassenon, Rochechouart-Impaktstruktur. Dünnschliffaufnahme, xx Polarisatoren, Bildbreite 210 µm.

kinked mica Azuara impact structureAbb. 42. Geknickter Glimmer, geschockter Sandstein, Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Dünnschliffaufnahme, xx Polarisatoren und einfach pol. Licht.

kink bands biotite Chiemgau imp actAbb. 43. Hohe Knickband-Frequenz sehr engständiger Knickbänder in Biotit. Im Mittel beträgt die Knickband-Breite nur 10-20 µm. Dünnschliff, xx Polarisatoren, Bildbreite 1,4 mm. Gneis-Geröll, Auswurfmassen des Tüttensee-Kraters, Chiemgau-Impakt.

tectonic kink bands mica Portugal

Abb. 44. Zum Vergleich: tektonisch deformierter Glimmer mit mehreren Knickbändern. Dünnschliff, gekreuzte Polarisatoren, Bildbreite 800 µm. Hydrothermaler Gang, bei Bragança, Portugal.

 

Knickbänder in Quarz

kink bands quartz lamellaeAbb. 45-48. Wahrscheinlich schockproduzierte Deformationslamellen und Knickbänderung in Quarz. Dünnschliffe, gekreuzte Polarisatoren. Geschockte Sandsteine und Quarzite, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken (Spanien). Die Bildbreiten liegen zwischen 200 und 500 µm.

kink bands quartz rubielos shock effectAbb. 46. Markante Knickbänder in Quarz. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken.

kink bands quartz rubielos 2

Abb. 47. Plastisch deformierte Knickbänder in Quarz. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken.

deformation lamellae quartz Buntsandstein RubielosAbb. 48. Knickbänder und Deformationslamellen in Quarz. Buntsandstein-Sandstein; Rubielos de la Cérida-Impaktbecken.

 

Knickbänder und Verwerfungen in Feldspat

Siljan kink bands in feldpar sueviteAbb. 49. Vermutlich schockproduzierte Verwerfungen (gestrichelte Linien) und Knickbänderung in Feldspat. Dünnschliff, gekreuzte Polarisatoren; Suevit, Siljan-Impaktstruktur (Schweden).

fault through quartz grains azuara schock NoguerasAbb. 50. Verglaste Verwerfungsbahn durch mehrere Quarzkörner (Pseudotachylit?) in einer stark geschockten polymikten Brekzie. Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Dünnschliff, xx Polarisatoren.

 

Mikro-Zwillingsbildung in Calcit

Deformationszwillinge in Mineralen sind eine verbreitete Auswirkung von Schock, jedoch nicht besonders signifikant. In Calcit kann aber Schock zu einer sehr intensiven Mikro-Zwillingsbildung führen, die sonst in tektonisch deformierten Calciten kaum beobachtet wird und nach Metzler et al. (1988) als Schockindikator gilt.

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Abb. 51-54. Dünnschliffe (gekreuzte Polarisatoren) zeigen Mikro-Zwillingsbildung in Calcit aus geschockten Gesteinen. Abb. 51. Mikro-Zwillinge und Knickbänderung in Calcit; Gangbrekzie, Azuara-Impaktstruktur (Spanien). Bildbreite 200 µm.

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Abb. 52. Multiple Scharen von Mikrozwillingen; polymikte Brekzie, Rubielos de la Cérida-Impaktbecken (Spanien). Bildbreite 480 µm.

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Abb. 53. Fünf Scharen engständiger und teilweise gebogener „planarer“ Elemente in Calcit. Der Abstand der Mikrozwillinge (z.B. in der SW – NE-Richtung) beträgt teilweise nur 2 µm. Calcit-Gängchen, Chiemgau-Impakt; Tüttensee-Krater.

calcite-microtwins-2 Chiemgau impact

Abb. 54. Heftig deformierter Calcit mit multiplen Scharen von Mikrozwillingen und einigen wenigen Knickbändern. Calcit-Gängchen in einem Quarzit, Chiemgau-Impakt (Deutschland), Bildbreite ca. 1 mm.

 

Oxidierte Biotite als Schockeffekt

Oxidierte Biotite sind das Ergebnis hoher Temperaturen (> 600°C), und man kennt sie als Schockeffekt (Post-Schock-Temperatur) in Impaktstrukturen, wo sie bei Drücken > 45 – 50 GPa entstehen. Oxidierte Biotite werden auch mit Vulkanismus in Verbindung gebracht.

oxidized biotite shock effekt Azuara impactAbb. 55. Oxidierter Biotit mit stark reduziertem Pleochroismus. Die opaken Bänder sind vermutlich Magnetit. Dünnschliff, einfach polarisiertes Licht, Bildbreite 800 µm. Geschockter Sandstein, Azuara-Impaktstruktur, Spanien. Foto: G. Mayer.

 

Offene Spallationsbrüche in Quarz-Körnern als ein Schockeffekt

Ein verbreiteter (aber im allgemeinen von Impaktforschern nicht erkannter) Schock-Effekt in Quarz-Körnern sind offene Spallationsbrüche als Folge von Reflexionen von Schockwellen an den Korngrenzen. Wegen der häufig erheblichen Impedanzunterschiede wird die kompressive Schockwelle als Zugwelle reflektiert, was zur Spallation und in vielen Fällen zu subparallelen offenen Zugbrüchen führt. Aus geometrischen Gründen spiegelt der Bruchverlauf häufig die äußere Kornform. Es leuchtet ein, dass man diese Effekte am besten an Quarzkörnern beobachten kann, die in eine weichere Matrix (z.B. bei Sandsteinen) eingebettet sind, wo der benötigte Impedanz-Kontrast gegeben ist.

Mehr zur Schock-Spallation HIER und HIER und HIER.

subparallel spallation fracturing quartz Rubielos impactAbb. 56. Geschockter Sandstein mit subparallelen offenen Spallationsbrüchen in Quarz-Körnern. Die Schockfront lief von WSW nach ENE oder umgekehrt. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken. Dünnschliff, xx Polarisatoren, Bildbreite 2,5 mm. – Einfache tektonische, druckinduzierte Zugbrüche scheiden aus, da nicht einmal ansatzweise Scherungen and den Körnern zu beobachten sind.

subparallel spallation fracturing quartz Rubielos impact structureAbb. 57. Weitere geschockte Quarz-Körner in einem Sandstein mit ausgeprägten subparallelen Spallationsbrüchen. Bildbreite 800 µm. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken.

subparallel spallation fracturing 2 quartz Rubielos impactAbb. 58. Weitere geschockte Quarz-Körner in einem Sandstein mit subparallelen offenen Spallationsbrüchen. Man beachte rechts das große Korn mit dem gekrümmten offenen Bruch, der die Kornoberfläche spiegelt, ferner Abb. 60 mit dem experimentell erzeugten Äquivalent. Bildbreite 800 µm. Rubielos de la Cérida-Impaktbecken.

Chiemgau impact shock spallation glass-filled fracturesAbb. 59. Offene Spallationsbrüche in Quarz, die mit Impakt-Schmelzglas gefüllt sind. Man beachte die Bruchgeometrien, die eindrucksvoll die Korngrenzen spiegeln. Chiemgau-Impakt (Deutschland), geschocktes Geröll aus Krater #004. Dünnschliff, xx Polarisatoren, Bildbreite jeweils 800 µm.

experimental shock spallation quartz spheresAbb. 60. Experimentell erzeugte Spallation in Quarz-Kugeln; nach dem Schuss durchgesägte Probe. Man beachte den linsenförmigen Bruch als Spiegelbild der Kugeloberfläche.

Mehr zum Thema: http://www.lpi.usra.edu/publications/books/CB-954/CB-954.intro.html PDF zum Herunterladen: das Buch von Bevan M. French (1998): Traces of Catastrophe. A Handbook of Shock-Metamorphic Effects in Terrestrial Meteorite Impact Structures. LPI Contribution No. 954, 120 pp.