Polierte Quarzit-Gerölle in Trias-(Buntsandstein-)Konglomeraten, N-Spanien: Oberflächenhärtung durch Impakt-Schock?

Kord Ernstson & Ferran Claudin (2012)

Ernstson et al. (1999, 2001a) beschreiben geschockte Quarzit-Gerölle (vorwiegend leicht metamorpher Armorikanischer Quarzit), die weit verbreitete Konglomerate der Trias (Buntsandstein-Formation) in N-Spanien aufbauen und die mit dem mitteltertiären multiplen großen Azuara-Impakt-Ereignis zusammenhängen, in dem die Azuara-Impaktstruktur und das Rubielos de la Cérida-Impaktbecken entstanden (Hradil et al. 2001, Ernstson et al. 2001 b, 2002, Schüssler et al. 2002, Claudin & Ernstson 2003, Ernstson et al. 2003). Die Quarzitgerölle sind außergewöhnlich pockennarbig und mit Kratern versehen (Abb. 1, 2) und zeigen im allgemeinen engständige subparallele Brüche (Abb. 3). Diese besonderen Merkmale treten dann ganz besonders hervor, wenn die Gerölle verstreut im Gelände als Folge der Konglomerat-Zersetzung auftreten (Abb.4).

Abb. 1. Typische Quarzitgerölle mit Pockennarben, Kratern und Politur (das besonders große Geröll) aus den geschockten Buntsandstein-Konglomeraten.

Abb. 2. Typisches gekratertes Quarzitgeröll. Man beachte die Aufprallmarken mit den radial divergierenden Brüchen.

Abb. 3. Engständige subparallele Brüche im Quarzit-Konglomerat.

Diese Buntsandstein-Vorkommen sind bei den Geologen wohlbekannt, sie werden bei allen geologischen Exkursionen in der Region angesteuert, und der Ursprung der auffälligen und unübersehbaren Deformationsmerkmale wird seit Dekaden durch Auflast-Drucklösung und tektonischen Druck als wie selbstverständlich hingenommen. Im Artikel von 2001 (a) zeigen Ernstson et al., dass diese Deutung keinesfalls durch Beobachtungen gestützt wird und nur damit zu erklären ist, dass sich nie jemand wirklich die beanspruchten Geröllen genau angeschaut hat.

Detaillierte Untersuchungen vieler Aufschlüsse, Oberflächenanalysen der Gerölle einschließlich Rasterelektronenmikroskopie, unzählige Schnitte durch die Gerölle, Dünnschliff-Beobachtungen, Schock-Experimente an künstlichen Konglomeraten (Ernstson et al. 2001 a), sowie Untersuchungen zu Fluid-Einschlüssen (Siegert 1997) belegen, dass die bis dahin allgemein als gültig angesehene Annahme von Drucklösung und tektonischer Überprägung keinerlei wissenschaftliche Basis besitzt. Stattdessen verdeutlichen Ernstson et al. (2001 a), dass die außergewöhnlichen Merkmale ihren Ursprung in einer Schock-Beanspruchung haben, was vor allem durch das Auftreten planarer Deformationsstrukturen (PDFs) im Quarz der Gerölle  und durch die Ergebnisse der begleitenden Schockexperimente gestützt wird. Ergänzend zur Arbeit von Ernstson et al (2001 a) ist das Phänomen sehr ausführlich mit sehr vielen Bildern auf der Webseite www.impaktstrukturen.de beschrieben worden. Dennoch, der Widerstand gegen die Ergebnisse unserer Untersuchungen und ihre Deutung wurde weiterhin von Geologen aus Spanien (Cortés et al. 2002), den Niederlanden (Stel et al. 2002) und Deutschland (P. Carls, pers. Mitteilung) aufrechterhalten. Das ist nicht weiter verwunderlich, da diese Geologen genau in dieser Region längere Zeit gearbeitet haben.

Seit Beginn unserer Untersuchungen der Buntsandstein-Vorkommen und der malträtierten Gerölle waren uns immer wieder Gerölle mit einer intensiven Politur, teilweise rundherum, aufgefallen, und vor gerade mal drei Jahren stießen wir auf einen großen Acker, auf dem die stark polierten Gerölle beträchtlich angereichert waren (Abb. 4).

Abb. 4. Acker (südlich von Molina de Aragón), der praktisch nur aus zerfallenem Buntsandstein-Konglomerat besteht. Auf ihm finden sich die polierten Quarzitgerölle und -blöcke angereichert.

Auf diesem Acker treten die angereicherten Gerölle zusammen mit rötlich gefärbtem, tonig-schluffigem Material des Buntsandstein auf. Das bestärkte uns in der ursprünglichen Annahme, dass die Politur auf den Gerölloberflächen von einem sehr hohen Umschließungsdruck herrühren musste, der während des Impaktvorganges wirksam wurde, vermutlich in der hochenergetischen Nachströmbewegung hinter der Stoßfront. Die Mikroskopaufnahmen und die REM-Bilder (Abb. 5, 6) zeigen, dass die Politur das Resultat einer ultrafeinen Striemung, vermutlich aus dem Kontakt des sehr harten Gesteins mit dem sehr weichen tonig-schluffigen Material, darstellt.

Abb. 5. Polierte Oberfläche eines Quarzitgerölls mit ultrafeiner Striemung. Bildbreite ca. 5 mm.

Abb. 6. Die Politur unter dem Rasterelektronenmikroskop.

Jetzt, eher nebenbei, haben wir die polierten Gerölle im Hinblick auf die Mohs-Härte des betroffenen dichten Quarzit-Materials untersucht. Wie für das Mineral Quarz gilt auch für den Quarzit im allgemeinen eine Mohs-Härte um 7. Deshalb waren wir überrascht, als sich die extrem polierten Quarzit-Oberflächen als wesentlich härter erwiesen und erst bei einer Mohs-Härte von 8,5 geritzt werden konnten. Im Gegensatz dazu zeigte dieselbe Gerölloberfläche außerhalb der polierten Stellen, regelmäßig eine Mohs-Härte von typisch 7 oder weniger.

Somit folgern wir, dass der Prozess der Hochdruck-Politur auch zu einer signifikanten Härtung des Quarzit-Materials geführt hat, wobei wir den Wirkungsmechanismus bisher nicht verstehen. Härtung durch Schockwellen (erzeugt mit hochexplosiven Ladungen, Laser-Schock, Leichtgaskanonen) ist eine übliche technische Methode zum Festigen von Metallen und Legierungen. Bei diesem Prozess entstehen im atomaren Maßstab Defekte in der Kristallstruktur des betroffenen Materials. Möglicherweise ist ein ähnlicher Vorgang in der Oberfläche der schock-beaufschlagten Quarzit-Gerölle abgelaufen. Wir werden dieser Sache mit weiteren Untersuchungen nachgehen.

Abgesehen von diesem einschlägig wichtigen und interessanten Verhalten der Oberflächen der Quarzitgerölle, zeigt der Effekt der offensichtlichen Härtung im Zusammenhang mit der Politur einmal wieder, dass der meteoritische Impakt geologisch gesehen doch etwas mehr ist als nur das Auftreten irgendwelcher runder Strukturen, die Bildung von Schockdeformationen in Mineralen oder auffällige geochemische Anomalien. Die pockennarbigen, gekraterten und polierten Quarzit-Gerölle in den spanischen triassischen Buntsandstein-Konglomeraten sind dafür ein typisches Bespiel.

Literatur

Claudin, F. and Ernstson, K. (2003): Geologia planetaria y Geologia regional: el debate sobre un impacto múltiple en aragón. Enseñanza de las ciencias de la Tierra, vol 11, nº 3, pp 202-212.

Cortés, Angel L., Enrique Díaz-Martínez, José M. González-Casado, Marcos Aurell, Antonio M. Casas-Sainz, 2002: Cratered cobbles in Triassic Buntsandstein conglomerates in northeastern Spain: An indicator of shock deformation in the vicinity of large impacts: Comment and Reply. Geology: Vol. 30, No. 1, pp. 91–91.

Ernstson, K., Rampino, M.R., Anguita, F., Hiltl, M., and Siegert, I.: Shock deformation of autochthonous conglomerates near the Azuara impact structure, Spain: Geological Society of America Abstracts with Program, v. 31, p. A-122., 1999.

Ernstson, K., Rampino, M.R. & Hiltl, M.: Cratered of cobbles in Triassic Buntsandstein conglomerates in NE Spain: Shock deformation of in-situ deposits in the vicinity of large impacts. Geology, v. 29, no.1, 11-14, 2001 (a) 

Ernstson, K., Claudin, F., Schüssler, U., Anguita, F, and Ernstson, T.: Impact melt rocks, shock metamorphism, and structural features in the Rubielos de la Cérida structure, Spain: evidence of a companion to the Azuara impact structure. Abstracts, 6th ESF IMPACT workshop, Impact Markers in the Stratigraphic record, pp. 23-24, 2001. (b) 

Ernstson, K., Claudin, F., Schüssler, U., Hradil, K., 2002: The mid-Tertiary Azuara and Rubielos de la Cérida paired imapct structures (Spain). Treb. Mus. Geol. Barcelona, 11, 5-65. 

Ernstson, K., Schüssler, U., Claudin, F., Ernstson, T., 2003: An Impact Crater Chain in Northern Spain. – Meteorite, 9, 35-39. 

Hradil, K., Schüssler, U., and Ernstson, K.: Silicate, phosphate and carbonate melts as indicators for an impact-related high-temperature influence on sedimentary rocks of the Rubielos de la Cérida structure, Spain. Abstracts, 6th ESF IMPACT workshop, Impact Markers in the Stratigraphic record, pp. 49-50, 2001.

Schüssler, U., Hradil, K., Ernstson, K.2002: Impact-related melting of sedimentary target rocks of the Rubielos de la Cérida structure in Spain. Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beiheft 1 zum European Journal of Mineralogy, Vol. 14, S. 149.

Siegert, I. (1997): Micro-thermometric and petrographic investigations of quartzites from the Azuara-Rubielos de la Cérida doublet structure (Spain). Diploma thesis, 72 pp., Universität Bremen.

Stel, Harry, Harm Rondeel, Jan Smit, 2002: Cratered cobbles in Triassic Buntsandstein conglomerates in northeastern Spain: An indicator of shock deformation in the vicinity of large impacts: Comment and Reply. Geology, 30, no 11, 1052-1052.