Impakt-Spallation: in der Natur und im Experiment:

Spallation (aus dem Englischen eingedeutscht) ist ein wohlbekannter Prozeß in der Bruchmechanik wie auch bei der Impakt-Kraterbildung, und sie ist von vielen Forschern theoretisch und experimentell untersucht worden. Leider ist wenig bekannt, daß Spallation auch in der Natur als real existierendes geologisches Phänomen beobachtet werden kann, und zwar in Impaktstrukturen und ihrer Umgebung. Dieses neue BILD DER WOCHE zeigt bereits bekannte Spallationsmerkmale in Konglomeraten, die um die Azuara/Rubielos de la Cérida-Impaktstrukturen herum anstehen. Für Azuara und Rubielos de la Cérida steht mittlerweile fest, daß sie Teil einer 120 km langen Impakt-Kraterkette in Spanien sind (siehe Ernstson, K., Claudin, F., Schüssler, U. & Hradil, K. (2002): The mid-Tertiary Azuara and Rubielos de la Cérida paired impact structures (Spain). – Treb. Mus. Geol. Barcelona, 11, 5-65 – Vollständigen Artikel hier KLICKEN; und Ernstson, K., Schüssler, U., Claudin, F. & Ernstson, T. (2003): An Impact Crater Chain in Northern Spain. – Meteorite, 9/3, 35-39 – Artikel hier KLICKEN). Wir zeigen ferner bemerkenswerte Spallationsbrüche, die wir erst kürzlich in Ejekta (Pelarda-Formation) dieser Kraterkette entdeckt haben.Spallation tritt auf, wenn ein Schockimpuls auf eine freie Oberfläche oder eine Grenzfläche triftt, hinter der das Material eine geringere Impedanz (= Produkt aus Dichte und Schallgeschwindigkeit) besitzt. Hier wird der Druckimpuls als Zugimpuls reflektiert, was wegen der auftretenden Zugspannungen zu offenen Rissen und/oder zu einem Abplatzen führen kann.

Bemerkenswerte und unübersehbare Spallationseffekte kennen wir aus autochthonen geschockten Buntsandstein-Konglomeraten, die um die Azuara/Rubielos de la Cérida-Impaktstrukturen herum anstehen. Einzelheiten zu diesen geologischen Spallationsmerkmalen sind in Ernstson, K., Rampino, M.R., and Hiltl, M. (2001): Cratered cobbles in Triassic Buntsandstein conglomerates in northeastern Spain: An indicator of shock deformation in the vicinity of large impacts. Geology, 29, 11-14 beschrieben, können aber auch unter https://www.impaktstrukturen.de/spain/schock-deformationen-in-trias-konglomeraten-buntsandstein-in-spanien/ gefunden werden.


Bild A. Subparallele offene Spallationsbrüche in einem geschockten Quarzit-Geröll aus Buntsandstein-Konglomeraten

Bild B. Spallationskrater in einem geschockten Quarzit-Geröll aus Buntsandstein-Konglomeraten

Bild C. Schock-Experiment an einem künstlichen „Konglomerat“.

Bild D

Bild E
Bilder D, E. Konkave Spallation-Bruchflächen in Quarzitblöcken aus der Pelarda-Formation

Die Bilder A und B zeigen typische schock-produzierte Spallationsstrukturen in diesen Quarzitgeröllen aus dem Buntsandstein: subparallele offenen Spallationsbrüche (Bild A) und eine konkave Bruchfläche, die einen Krater nach dem Abplatzen eines linsenförmigen Bruchstücks bildet (Bild B). Eine solche konkave Bruchfläche (die schwerlich durch irgendeinen anderen geologischen Prozeß erklärt werden kann) sagt die Theorie voraus, und sie kann auch experimentell erzeugt werden, wie das Bild C zeigt.Entsprechende Schock-Experimente wurden am Freiburger Ernst-Mach-Institut durchgeführt. In einer Pulver-Kanone wurden Stahlprojektile beschleunigt, und als Proben verwendeten wir jeweils zwei sich berührende Quarzkugeln (aus Bergkristall) in einer synthetischen Epoxy-Matrix. Die Impaktgeschwindigkeiten bewegten sich zwischen 25 und 115 m/s, was einem Aufschlagsdruck zwischen 0.55 and 2.5 GPa (5.5 and 25 kbar) entspricht. Die beaufschlagten Proben wurden aufgesägt (siehe Bild C, Schuß Nr. 3), Dünnschliffe wurden angefertigt und die Ergebnisse unserer Beobachtungen in Ernstson, Rampino, and Hiltl (siehe oben) mitgeteilt. Hier zeigen wir nur das Ergebnis von Schuß 3 mit der insgesamt niedrigsten Projektilgeschwindigkeit, und man erkennt einen deutlichen Spallationsbruch in der rechten Kugel (Bild C), die sonst völlig heil geblieben ist.

In dem Geology-Artikel von Ernstson/Rampino/Hiltl (siehe oben) wird besonders auf die Bedeutung solcher schock-deformierten, autochthonen Konglomerate hingewiesen, da sie ein leicht erkennbares Merkmal für einen Impakt in der Region darstellen.

Hier berichten wir über neue Beobachtungen zu eindrucksvollen Spallationsbrüchen in Quarzitblöcken aus den Ejekta (Pelarda-Formation) der Azuara/Rubielos de la Cérida-Strukturen. Bild D zeigt einen dieser typischen Blöcke, und wir sehen eine konkave Spallationsbruchfläche als Spiegelbild der ursprünglichen Oberfläche (weiß gestrichelt), die nun mit dem abgeplatzten Bruchstück verschwunden ist. Eine ganz ähnliche konkave Spallationsbruchfläche zeigt der Quarzitblock in Bild E.

Die Quarzitblöcke (vor allem kambrischer Bámbola-Quarzit und ordovizischer Armorikanischer Quarzit) gehörten zum (weitgehend aus Molassesedimenten bestehenden) obersten Teil des rein sedimentären Targets. Beim Impakt wurden sie vor der Exkavation und dem Auswurf teilweise stark geschockt, was sich vor allem in multiplen Scharen von PDF in den Quarzitblöcken dokumentiert (siehe dazu z.B. die fundierte PDF-Analyse von Dr. Ann Therriault, in: Ernstson, K., Claudin, F., Schüssler, U. & Hradil, K. (2002): The mid-Tertiary Azuara and Rubielos de la Cérida paired impact structures (Spain). – Treb. Mus. Geol. Barcelona, 11, 5-65 – Artikel hier KLICKEN, und auf https://www.impaktstrukturen.de/spain/die-azuara-impaktstruktur/schockmetamorphose/ ). Wir nehmen an, daß die bemerkenswerten Spallationsbüche ebenfalls in dieser ersten Schockbeanspruchung in der Kontakt- und Kompressionsphase entstanden. Eine Bildung als Folge von Kollisionen großer Blöcke in der anschließenden Exkavations- und Auswurfphase kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.

Interessante Beobachtungen zur Schock-Spallation gibt es auch vom Chiemgau-Impakt.