Ries-Krater – Impaktite

Die Impaktgesteine der Ries-Impaktstruktur 

Die Ries-Impaktstruktur birgt eine Unmenge der verschiedensten Impaktgesteine (Impaktite) aus allen Klassen einer Impaktit-Nomenklatur: Impakt-Schmelzgesteine- Impaktgläser – Suevite – polymikte und monomikte Brekzien – lithische Brekzien.

All diese Gesteine waren bekannt und beschrieben worden schon zu Zeiten (bis in die sechziger Jahre), als das Ries unzweifelhaft als eine gigantische vulkanische Explosionsstruktur angesehen wurde.

Insbesondere die Suevit-Brekzien waren ursprünglich als die ganz Ries-spezifischen vulkanischen Gesteine gedeutet worden, obwohl ihr saurer Chemismus sich vollständig von der gewöhnlichen basaltischen Zusammensetzung aller süddeutschen tertiären Vulkanitvorkommen unterschied, was die Geologen schon ins Grübeln brachte.

Dennoch, selbst nach der Entdeckung der SiO2 Hochdruckmodifikationen Coesit und Stishovit (Durch E.M. Shoemaker und E.T.C. Chao) im Rieser Suevit setzte sich die erbitterte Auseinandersetzung über die Entstehung des Rieses fort, und viele Forscher waren davon überzeugt, dass die starken magnetischen Anomalien im zentralen Bereich des Ries-Kraters fraglos basaltischen Intrusionen zuzuschreiben waren, die unter den mächtigen nachriesischen Seesedimenten verborgen waren. Mittlerweile konnte aber gezeigt werden (Pohl 1965), dass auch die Suevite eine beträchtliche Magnetisierung besitzen konnten, und ein neues Ries-Model ersetzte die bis dahin vermuteten Basalte durch eine mächtigere Schicht impakt-produzierter Suevite. Was die Skeptiker keineswegs überzeugte.

Der entscheidende Test fand 1966 statt, als die 180 m tiefe Bohrung von Wörnitzostheim über einer starken magnetischen Anomalie innerhalb der Ries-Beckens abgeteuft wurde. Basalt oder Suevit – das war die Frage. Die Kampagne wurde von Prof. Reich aus München geleitet, und als Anekdote ist überliefert, dass er wortlos in sein Auto stieg und davon fuhr, als der Bohrkern einen Suevit nach oben brachte.

Danach und bis heute ist nicht ein einziges Stückchen Basalt je im Ries-Krater gefunden worden, und der Suevit wurde der Impaktit per se. Ursprünglich war der Suevit, eben das typische Rieser „vulkanische“ Gestein, nach dem lateinischen Suevia für Schwaben als Typlokalität benannt worden, aber mittlerweile gibt es ganz ähnliche Gesteine, die nunmehr alle den Namen Suevit haben, aus vielen Impaktstrukturen aus der ganzen Welt.

Impakt-Schmelzgesteine des Ries-Kraters

Unter den Impaktforschern der IUGS existiert ein gewisses Durcheinander mit unpräzisen Klassifizierungen bei ihrer Impaktit-Nomenklatur, die wir ausführlicher HIER ansprechen und der wir eine nur geringe geologische Anwendbarkeit zusprechen.

Im Ries-Krater wurden ursprünglich alle geschockten polymikten Brekzien, die Schmelzprodukte enthielten, Suevit genannt. Als eine Analyse dann zeigte, dass sich die etwas aus dem Rahmen fallende Polsinger Suevit-Varietät (eingeschlossen den Amerbacher Suevit) von allen anderen Sueviten in der Matrix unterschied, die offenbar eine Schmelzmatrix ist, wurde aus dem Polsinger „Suevit“ ein Polsinger Impakt-Schmelzgestein. Gemäß Definition ist ein Suevit eine Brekzie und deshalb ein Sediment mit einer klastischen Matrix. Mittlerweile gibt es Bestrebungen, die Nomenklatur für den Ries-Suevit neu zu schreiben, was wir für sehr wenig effektiv halten, weil die gesamte Impaktit-Nomenklatur sehr stark eine Frage des Maßstabes ist (siehe dazu unsere Diskussion der IUGS-Klassifzierung).

Hier lassen wir alles beim Alten: Abgesehen von den Polsinger und Amerbacher Impakt-Schmelzgesteinen reden wir einfach vom Rieskrater-Suevit.

Abb. 1. Impakt-Schmelzgestein; aus dem kleinen aufgelassenen Steinbruch in Polsingen. Früher hat man dieses Gestein für einen Suevit gehalten. Offenbar hat sich aber die Matrix durch Kristallisation aus einer Impaktschmelze gebildet. Im Unterschied dazu und gemäß Definition besitzen Suevite eine klastische Matrix.

Abb. 2. Schnitt durch das Impakt-Schmelzgestein von Polsingen. Praktisch alle Komponenten sind aus dem kristallinen Grundgebirge.

Abb. 3. Polsinger Impakt-Schmelzgestein: Vergrößerung vom Foto in Abb. 2. Bildbreite 1 cm. Die Größe der Klasten überstreicht mehr oder weniger kontinuierlich alle Größenklassen, weshalb es kaum erlaubt ist, von Matrix und eingebetteten Komponenten zu sprechen. Offensichtlich kann der Charakter eines Impakt-Schmelzgesteins und sein Unterschied zu einem Suevit  nur unter dem Mikroskop festgestellt werden, was das Fehlen einer geologischen begrifflichen Klarheit der Impaktit-Nomenklatur der IUGS unterstreicht.

 

Die Suevite des Ries-Kraters

 

Abb. 4. Schnitt durch einen Suevit vom Aumühle-Steinbruch. Die größeren hellen Komponenten stammen allesamt aus dem kristallinen Grundgebirge. Ferner sieht man einige eingeregelte Klasten als Ausdruck eines Fließgefüges.

Abb. 5. Ries-Suevit – die Zipplingen-Varietät unterscheidet sich von der Aumühle-Varietät (Abb. 4) durch einen erhöhten Anteil sedimentärer Komponenten.

Abb. 6. Suevit-Brekzie mit einem größeren, teilweise geschmolzenen Gneis-Fragment (Aumühle-Steinbruch). Höhere Schockdrücke können zu vollständiger Gesteinsschmelze und Glasbildung führen (siehe Abb. 7). Eingebettet als größere Partikel in der Suevit-Brekzie heißen sie (schwäbisch) „Flädle“; siehe Abb. 8, 9, 10.

Abb. 7. Nahaufnahme des Gneisfragmentes der Abb. 6. Das Kristallin is teilweise zu einem blasigen Glas geschmolzen. Schockdrücke zur Erzeugung von Gesamtgesteinsschmelze müssen grob 60 GPa (600 kBar) überschreiten.

Abb. 8. Ries-Krater: Größerer, langgestreckter Glaseinschluss („Flädle“) in einem Suevit vom Aumühle-Steinbruch. Die bräunliche Verfärbung ist ein Verwitterungseffekt.

Suevit im Anschnitt mit aufgesägten Flädle, Ries-BombenAbb. 8-1. Anschnitte eines Suevits aus dem Nördlinger Ries-Krater. Die schwarzen Einschlüsse sind verfestigte Impakt-Schmelze (im Volksmund: Flädle). Beim Herauswittern bilden sie die sog. Ries-Bomben, die auf den Äckern aufgelesen werden können (siehe den nachfolgenden Abschnitt).

Abb. 9. Ries-Krater: Großer Glaseinschluss („Flädle“), aus einem Suevit herauspräpariert. Aumühle-Steinbruch.

Abb. 10. Das Innere des „Flädle“ von Abb. 9. Das stark blasige Glas ist überwiegend rekristallisiert.

 

Aus dem Suevit herausgewitterte Glas-„Bomben“ vom Rieskrater

 

Abb. 11. Aerodynamisch geformte Glasbombe, durch Verwitterung aus der Suevitmatrix freigesetzt. Von den Äckern bei Heerhof.

Abb. 12. Weitere Glas-„Bomben“ von den Heerhof-Äckern im Ries.

 

Die Bunte Brekzie: Auswurfmassen (Ejekta) aus dem Ries-Krater

Die Bunte Brekzie ist Teil der Megabrekzie, die als Auswurfmasse den Rieskrater einrahmt. Sie ist aus kartierungstechnischen Gründen (Maßstab der Karten 1 : 25 000) auf die Masse der kleineren Komponenten (< 25 m) beschränkt, im Gegensatz zu den größeren disloziierten Megablöcken. Die Bezeichnung des „Bunten“ versteht man am besten mit Blick auf die nachfolgenden Fotos und rührt von der häufig intensivsten Vermischung von Gesteinskomponenten aus allen stratigraphischen Niveaus im Einschlaggebiet her.

Abb. 13. Aus der Masse der Bunte-Brekzie-Ejekta, Ries-Impaktstruktur, Steinbruch von Ronheim.

Abb. 14. Aus der Masse der Bunte-Brekzie-Ejekta, Ries-Impaktstruktur, Steinbruch von Ronheim. Die Komponenten sind eine Mixtur aus sedimentären und kristallinen Klasten.

Abb. 15. Aus der Masse der Bunte-Brekzie-Ejekta, Ries-Impaktstruktur, Steinbruch von Ronheim. Die Komponenten sind überwiegend Keuper-Mergelsteine und -Sandsteine.

Abb. 16. Bunte Brekzie-Mixtur aus Keuper-Sandsteinen und -Mergelsteinen, Jura-Tonsteinen und kleinen Kristallinfragmenten. Ronheim-Steinbruch

Abb. 17. Ein isoliertes Gneis-Fragment, aus einem Tonstein der Bunten Brekzie extrahiert. Man beachte die merkliche Rundung der Komponente, die an ein Geröll eines Konglomerates erinnert. Zurundung von Klasten im Impakt-Kraterbildungsprozess ist eine häufige Beobachtung, auf die insbesondere bei den spanischen Impaktstrukturen von Azuara und Rubielos de la Cérida aufmerksam gemacht wurde.

Abb. 18. Bunte Breccie-Ejekta; Steinbruch Ronheim. Der Block besteht hauptsächlich aus Jura- und Trias-Tonsteinen, zerbrochenen Kalkkonkretionen sowie Kalkstein-Fragmenten des Malm. Die Vergrößerung darunter zeigt als Komponente ein Holzstück, das zum Teil in Holzkohle umgewandelt und zum Teil versteinert ist (grau). Länge des Autoschlüssels 7 cm.

Abb. 19. Die Holzkomponente von Abb. 18 in Nahaufnahme. Die teilweise Fossilisierung vom Holz/von der Holzkohle erfolgte durch ein eigenartiges feinsandig-karbonatisches Material und nicht durch Silifizierung.

 

Lithische Brekzie aus dem Ries-Krater

Abb. 20. Eine polymikte Kristallin-Brekzie (wahrscheinlich eine lithische Impaktbrekzie) vom Aufschluss Wengenhausen im Bereich des inneren Rings.

 

Monomikte Brekzien vom Nördlinger Ries

Monomikte Brekzien sind in der Decke der Impakt-Auswurfmassen weit verbreitet, wo sie als Bestandteil der disloziierten Schollen, meist Malm-Kalksteine, auftreten. Typische Deformationsmerkmale sind Gries-Brekziierung (Vergriesung) und Mörtelgefüge.

Abb. 21. Aus den Auswurfmassen des Ries-Kraters: eine monomikte Bewegungsbrekzie. Vergriester Malm-Kalkstein aus dem Steinbruch von Iggenhausen (FOTO anklicken!).

Abb. 22. Monomikte Bewegungsbrekzie (Reiff 1978 prägte den Begriff): vergriesungs-brekziierter Granit aus dem Limberg-Steinbruch bei Unterwilflingen (FOTO anklicken!).

Abb. 23. Monomikte Mergelstein-Fragmente (aus dem Malm oder dem Keuper) in einer monomikten sandigen Matrix (vermutlich aus einem Keuper-Sandstein). Limberg-Steinbruch in der Zone der Megabrekzie zwischen dem strukturellen Riesrand und dem inneren Ring des Ries-Kraters. Für die großen spanischen Impaktstrukturen von Azuara und Rubielos de la Cérida, wo diese Brekzienart häufig zu beobachten ist, haben wir den Begriff der pseudo-monomikten Brekzie gewählt im Hinblick auf monomikte Komponenten in einer monomikten, aber allochthonen Matrix.