Shatter cones und Bruchmechanik

Shattercone-Bildung – einige bruchmechanische Aspekte

Wenn feste Materialien (Metalle, Glas, Keramik, Gesteine) zerbrechen, zeigen die entstandenen Bruchflächen im allgemeinen eine ausgeprägte Skulptur – die Bruchflächenmarkierungen (Abb. 1 – 3). Man nennt sie Plumosen, Plumose-Strukturen, Feder-Strukturen, Gräten- oder Rippenmuster, usw. Am bekanntesten ist der muschelige Bruch von Glas oder gebrochenem Flint (Abb. 1). In Gesteinen sind Lanzett-Markierungen (Abb. 2) und Plumose-Markierungen (Abb. 3, 4) häufig. Bruchflächenmarkierungen sind das Ergebnis des Bruchfortschritts, und in der Bruchmechanik dienen die Markierungen als Anzeiger für verschiedene Parameter wie Bruchursprung, Bruchrichtung, Bruchverzögerung und Bruchstopp, lokale Bruchgeschwindigkeit und Energiebilanz.

Image002Abb. 1. Muschelige Bruchmarkierungen (muscheliger Bruch) auf einem steinzeitlichen Flint-(Silex-)Werkzeug.

Image004Abb. 2. Lanzett-Bruchmarkierungen in einem Schluffstein.

Eigenartigerweise  haben Modelle zur Shattercone-Bildung stets die Entwicklung und die Form der gebildeten Shattercones betrachtet aber weitgehend die ganz spezifischen Bruchflächenmarkierungen mit dem typischen Pferdeschwanzmuster (Abb. 6) außer Acht gelassen. In der Literatur wird diese Unterlassung insbesondere dadurch unterstrichen, dass die Bruchflächenmarkierungen regelmäßig, selbst von Impaktforschern, fälschlich als Striemungen bezeichnet werden (siehe HIER).

Image006Abb. 3. Plumose-Bruchmarkierungen in Solnhofener Kalkstein.

Image008Fig. 4.  Plumose-Bruchmarkierungen in Solnhofener Kalkstein; Nahaufnahme.

Der Blick speziell auf die Shattercone-Bruchflächenmarkierungen (Abb. 6) erinnert stark an die Bruchflächenmarkierungen des Plumose- bzw. Federtyps (Abb. 3, 4). Darüber hinaus zeigt sich eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zwischen Shattercone-Markierungen und Markierungen, die beim fortschreitenden ebenen Bruch in einem stark anisotropen Material, Kaliumchlorid KCl) entstehen (Abb. 5, 6). In beiden Fällen ist die Bruchrichtung von SE nach NW.

Image010Abb. 5. Bruchmarkierungen in einem KCl-(Kaliumchlorid-)-Kristall (verändert aus Ernstson & Schinker 1986). Der Bruch bewegte sich von SE nach NW. Breite der Aufnahme 2 mm.

Image012Abb. 6. Pferdeschwanz-Bruchmarkierungen eines Shattercones (Negativ; Malm-Kalkstein, Steinheimer Becken-Impaktstruktur. Bruchverlauf von SE nach NW.

Die Idee, dass sich die typischen Plumose-Bruchflächenmarkierungen in anisotropen Materialien entwickeln, haben Ernstson & Schinker (1986) in einem Artikel publiziert (Abstract hier: http://www.springerlink.com/content/t424836868081n45/ ). Aus dem absolut identischen Inventar von Plumose-Bruchflächenmarkierungen in Gesteinen und spaltbaren Kristallen schließen die Autoren, dass Plumose-Strukturen in einem anisotropen Material entstehen, wenn die Bruchfront innerhalb eng benachbarter Schwächeebenen fortschreitet.

Entsprechend nehmen wir an, dass bei einem Impakt die Schockfront kegelförmige anisotrope Schwächezonen schafft, in denen bei Druckentlastung Brüche laufen. Dabei pendeln die fortschreitenden Brüche zwischen benachbarten Schwächebenen und erzeugen die „Pferdeschwanz“-Strukturen der Shattercones.

Dazu auch ein Artikel: Roach, D.E., Fowler, A.D. & Fyson, W.K. 1993: Fractal fingerprinting of joint and shatter-cone surfaces. Geology, 21, 759-762; Abstract: http://geology.geoscienceworld.org/cgi/content/abstract/21/8/759