Neues aus der Welt der Impaktstrukturen, Meteoritenkrater und verwandter Themen – Folge 2

Neues aus der Welt der Impaktstrukturen, Meteoritenkrater und verwandter Themen – Folge 2

Ein einzigartig ausgedehnter Seismit in end-triassischen (Rhät) Ablagerungen Englands und Nordirlands: Beleg für ein noch nicht dokumentiertes großes Impakt-Ereignis?

Die Befunde zu den Donnerlöchern im Areal des Chiemgau-Impaktes mit dem Nachweis von erdbebenähnlichen Bodenverflüssigungen (Liquefaktion) und der Entstehung sogenannter Seismite als Folge der sich im Untergrund ausbreitenden Schockwellen, worüber hier auf der Webseite wiederholt berichtet worden ist und was zur Veröffentlichung eines Artikels über dieses Phänomens geführt hat (Ernstson et al. 2011), haben jüngst bei einer Literatur-Recherche zu einer bereits vor über 10 Jahren erschienenen kurzen Publikation (Simms 2003) geführt, in der es um dasselbe Thema geht.

Im Rhät Englands, Südwales und Nordirlands kann ein 2-4 m mächtiger Seismit über eine Fläche von > 250 000 km² übertage und in Bohrungen nachgewiesen werden, der zudem von Tsunami-Sedimenten überlagert wird. Die durchhaltende Mächtigkeit, die Intensität der Deformationen sowie die vorherrschenden Orientierungen der Faltenachsen deuten auf ein seismisches Ereignis der Magnitude M >10 mit einem Epizentrum mehr als 600 km westlich oder nordwestlich von Mittelengland entfernt. Eine solche Bebenstärke ist mit irdischen Mechanismen (tektonische, vulkanische Beben) nicht erklärbar aber mit einem größeren meteoritischen Impakt verträglich. Ob ein Zusammenhang mit dem endtriassischen Massensterben besteht, bleibt offen. Der Autor schreibt dazu, dass solche außergewöhnlichen Ausdehnungen von Mega-Seismiten ein nützliches Werkzeug seien, zuvor unbekannte Großimpakte zu dokumentieren. Das verweist umgekehrt auf den Chiemgau-Impakt, bei dem der Impakt bereits dokumentiert war, als mit geologischen und geophysikalischen Untersuchungen das seit Menschengedenken bekannte Phänomen der Donnerlöcher in einen Zusammenhang mit dem Schock des Impakt-Bebens gedeutet werden konnte. – Der Artikel von Michael J. Simms ist erschienen in Geology, vol. 31 (June 2003), pp. 557-560.

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Eindringen von kleinen Asteroiden in die Erdatmosphäre in den letzten 20 Jahren

Von der NASA wurde das nachfolgende Diagramm veröffentlicht, das die geographische Verteilung der kleinen Asteroide zeigt, die sich in diesem Zeitraum in der Atmosphäre als helle Meteore (Boliden, Feuerbälle) zerlegt haben. Die über 500 Objekte hatten Durchmesser zwischen etwa 1 m und 20 m. Die Größe der Kreise ist proportional der optisch abgestrahlten Energie (in Milliarden Joule). Auch den Tscheljabinsk-Impakt kann man auf der Karte finden! – Link zur NASA-Seite.

bollide-events_1994-2013NASA

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Zum vorherigen NASA-Thema: ein Feuerball mit ungewöhnlicher Flugbahn über Süddeuschland

Auf der 77. Tagung der Meteoritical Society 2014 in Casablanca hat K. Wimmer vom Rieskratermuseum einen Beitrag geliefert, der über den Feuerball über Süddeutschland am 31. März 2014 und die mit Kameras verfolgte Flugbahn berichtet. Danach startete der Feuerball in 81,5 km Höhe über Frankreich mit einer Anfangsmasse von etwa 100 kg bei einer Geschwindigkeit von 13,3 km/s unter einem sehr flachen Winkel von 7,5°. 38 Sekunden lang konnte der Feuerball über eine Strecke von 435 km über Stuttgart und München-Flughafen beobachtet werden, bevor er bei der Ortschaft Dorfen in Bayern verschwand. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich seine Masse zu 15 – 40 kg reduziert. Die finale Fragmentierung konnte nicht mehr fotografiert werden, es wird aber von einer beträchtlichen Anzahl von Fragmenten ausgegangen, die in einem Streufeld mit der Breite einige 100 m und der Länge grob 50 km den Boden erreicht haben sollten. Das Literaturzitat: Wimmer, K. (2014): A meteorite-dropping fireball with unusual trajectory parameters over Southern Germany. -77th Annual Meteoritical Society Meeting (2014), 5420.pdf

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Auch auf der 77. Tagung der Meteoritical Society 2014: “The Steinheim impact crater (Germany) – where is the ejecta blanket?” –

Auf der diesjährigen 77. Jahrestagung der Meteoritical Society haben Buchner und Schmieder (2014) einen Abstract-Artikel mit dem obigen Titel (deutsch etwa: Der Steinheim-Impaktkrater (Deutschland) – wo sind die Auswurfmassen geblieben?) präsentiert.

Ein ausführlicher Diskussionsartikel, in dem die Ansatzpunkte und Schlussfolgerungen von Buchner und Schmieder als fern jeglicher geologischen und geophysikalischen Realität dokumentiert werden, kann HIER angeklickt werden. Im Artikel heißt es zum Schluss : „Einmal mehr zeigen Buchner und Schmieder, dass sie dem Steinheimer Impaktkrater “mit Gewalt” eine besondere Bedeutung beimessen wollen, die er nicht besitzt, was sich bereits in ihrer Arbeit (Buchner & Schmieder 2010) über den angeblichen Suevit im Steinheimer Becken artikuliert hat (Diskussion siehe hier!).

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Clearwater West und Clearwater East: Datierungen sprechen gegen einen synchronen Einschlag.

Seit jeher werden die beiden Impaktstrukturen Clearwater West und Clearwater East in Kanada (Abbildung unten) wegen der unmittelbaren Nachbarschaft als das Resultat eines Zwillingseinschlags angesehen.

Clearwater_Lakes_2013180_labels Die beiden Clearwater Impaktkrater mit 36 km und 26 km Durchmesser. Bildquelle NASA.

In einem jüngst erschienenen Artikel (Schmieder et al. 2014) wird über Datierungen von Impaktiten berichtet, die auf ein deutlich unterschiedliches Alter hinweisen. Sollte sich der Befund festigen, wäre Clearwater einmal mehr der deutliche Belegt dafür, dass Impakte statistisch verteilt sind und sich nicht darum scheren, was vorher geologisch im Auftreffgebiet passiert ist. Bis auf den heutigen Tag ist bei Regionalgeologen der Einwand nicht auszurotten, dass eine neu vorgeschlagene Impaktstruktur mit der regionalen Geologie nicht verträglich sei. Kurioserweise haben neuerdings auch die nicht eben unbekannten Impaktforscher Christian Koeberl (Wien) und Wolf Uwe Reimold (Berlin) in einem Artikel geschrieben, dass für die Deutung einer geologischen Struktur als ein Meteoritenkrater bzw. eine Impaktstruktur auch der geologische Rahmen eine wichtige Größe ist. Interessant, dass sich Reimold und Koeberl nunmehr auf diese Schiene der regionalgeologischen Argumentation begeben. Was sich aber in Wahrheit dahinter verbirgt, kann in diesem Beitrag nachgelesen werden.

Das direkte Aneinandergrenzen zweier ganz unterschiedlich alter Impaktstrukturen ist in Kanada zumindest auch bei Sudbury (Präkambrium) und Wanapitei (Eozän) gegeben. Selbst beim Ries-Krater und Steinheimer Becken ist zwar der gleichzeitige Einschlag anzunehmen, aber keineswegs absolut gesichert. Während das Ries radiometrisch sehr zuverlässig datiert ist, gibt es für das Steinheimer Becken ohne datierbare Schmelzprodukte allein eine paläontologische Altersstellung (über Fossilien), die für eine Gleichzeitigkeit mit dem Ries-Entstehung eine Unsicherheit von immerhin ganz grob hunderttausend Jahren lässt.

Das Literaturzitat zu Clearwater: Schmieder, M., Schwarz, W.H., Trieloff, M.,Tohver, E., Buchner, E., Hopp, J., Osinski, G.R. (2014): New 40Ar/39Ar dating of the Clearwater Lake impact structures (Québec, Canada) – Not the binary asteroid impact it seems? – Geochimica et Cosmochimica Acta, 148,  304–324.

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Charlevoix-Impaktstruktur (Quebec, Kanada)

Charlevoix ist mit einem Durchmesser von etwa 54 km die drittgrößte Impaktstruktur in Kanada nach Sudbury und Manicouagan. Der Bitte von Prof. Jean-Michel Gastonguay, dem Kurator des „Observatoire de l’astroblème de Charlevoix“ (Museum und Geologiepfad durch die Struktur), auf unserer englischen Webseite www.impact-structures.com auf Krater, Museum und Lehrpfad hinzuweisen, sind wir sehr gern nachgekommen. HIER anklicken führt zu dem Beitrag mit sehr schönen Bildern, vor allem von den wundervollen Shatter Cones von Charlevoix

Charlevoix shatter cones