Kein Suevit im Steinheimer Becken

Suevit im Steinheimer Becken? – Wohl eher nicht.

Einen längeren Artikel in der Zeitschrift Meteoritics & Planetary Science, 45, 1093-1107, 2010, betiteln die Autoren Elmar Buchner und Martin Schmieder mit

„Steinheim suevite – A first report of melt-bearing impactites from the Steinheim Basin (SW Germany)“ [Steinheimer Suevit – ein erster Bericht über schmelzehaltige Impaktite aus dem Steinheimer Becken (SW-Deutschland)] [Herausgeberbearbeitung Gordon Osinski]

Im Artikel beschreiben die Autoren den erstmaligen Nachweis von millimetergroßen silikatischen Schmelzpartikeln aus der polymikten Brekzie (Abb. 1) aus dem Beckeninneren. Wegen dieses Befundes winziger Schmelzpartikel in einem einzigen Bohrkern (der Bohrung B 26) machen die Autoren aus der gesamten Steinheimer Beckenbrekzie einen Suevit; Zitat:

„On the basis of impactite nomenclature, the melt-bearing impact breccia in the Steinheim Basin can be denominated as Steinheim suevite.“ [Auf der Basis der Nomenklatur für Impaktgesteine kann die schmelzehaltige Impaktbrekzie im Steinheimer Becken als Steinheimer Suevit benannt werden.]

Abb. 1. Polymikte Impaktbrekzie aus dem Steinheimer Becken. Breite des Anschnitts 10 cm.

Einen solchen Steinheimer Suevit gibt es nicht. Dazu muss man wissen, dass nach der zitierten Nomenklatur für Impaktite ein Impaktgestein dann ein Suevit ist, wenn es sich um eine polymikte Brekzie mit geschockten Mineralfragmenten und kogenetischen Schmelzepartikeln handelt (siehe dazu HIER und HIER). Das heißt natürlich, dass geschockte Mineralfragmente und kogenetische Schmelze in einem Gesteinshandstück oder zumindest in einem zusammenhängenden Gesteinskomplex auftreten.  Auf unseren Suevit-Seiten ist das unübersehbar dokumentiert.

Wie sieht es damit aber im Steinheimer Becken aus? Schockeffekte sind makroskopisch von den Shatter Cones bekannt, aber geschockte Miineralfragmente gibt es nur ganz spärlich. Nach Heizmann & Reiff: Der Steinheimer Meteorkrater, München 2002, treten planare Deformationsstrukturen (PDFs) in geschockten Quarzkörnern auf, die aus Bohrproben der Beckenbrekzie herausgewaschen wurden. Buchner und Schmieder zeigen in ihrem Artikel ebenfalls PDFs, die aber – man merke auf! – aus einem Bohrkern der Bohrung B 23 stammen. Die Schmelzpartikelchen werden aber nur aus der B 26 beschrieben. Damit entfällt jeder Beleg für eine Ko-Genese von Schmelze und geschockten Mineralen und damit für ein Suevit-Gestein.

Es steht ja nicht einmal fest, dass die von Buchner und Schmieder analysierte Schmelze überhaupt eine Schockschmelze ist. Schmelzen in Impaktstrukturen können auch bei den enormen Reibungskräften zwischen Gesteinsschollen im Exkavations- und Modifikationsstadium entstehen. Und gerade im Steinheimer Becken als komplexe Impaktstruktur zeigt ja die Ausbildung eines mächtigen Zentralberges, dass es im Modifikationsstadium zu erheblichen internen Bewegungen gekommen ist. In dem Fall einer Reibungsschmelze wären wir noch viel weiter von einem Suevit entfernt.

Auch wenn Buchner und Schmieder ein kleines 2 cm großes Kügelchen eines teilweise geschmolzenen Sandsteins im Gelände gefunden haben, das angeblich einige schwach geschockte Quarzkörner enthalten soll (es wird nichts über die Art des Schockeffekts gesagt; ein Bild existiert nicht), wird aus der Beckenbrekzie des Steinheimer Beckens immer noch kein Suevit.