Die Azuara-Megabrekzie

Die Azuara-Megabrekzie bei Belchite und Herrera de los Navarros

In der Impakt-Literatur werden ausgedehnte Brekzienvorkommen mit sehr großen Komponenten allgemein Megabrekzien genannt. Megabrekzien kennt man von anderen Impaktstrukturten wie Wells Creek, Steinheimer Becken, Gosses Bluff, Sierra Madera, Wetumpka und anderen. Die gigantische Megabrekzie von Alamo wird ebenfalls einem Impakt zugeschrieben, obgleich ein zugehöriger Krater bisher nicht bekannt ist.

Die Megabrekzie in der Azuara-Impaktstruktur ist eine strukturelle Besonderheit, die für das Verständnis des Impaktprozesses bedeutsam ist. Die Brekzie ist vor allem im nordwestlichen und nordöstlichen Ringbereich bei Belchite/Almonacid de la Cuba und Herrera de los Navarros in der äußeren Ringzone (Abb. 1)  aufgeschlossen, wo sie nahezu stratiform mit Mächtigkeiten bis zu 80 m ansteht. Die Komponenten stammen vor allem aus einer in situ Brekziierung von Carniolas- (= Keuper-Lias-Übergangsschichten) und Lias-Kalksteinen. Häufig sind jedoch auch Gesteine aus stratigraphisch benachbarten Einheiten eingearbeitet. Gelegenheit finden sich auch Komponenten aus stratigraphisch deutlich jüngeren Schichten (z.B. Eozän) in der Megabrekzie. Die Größe der Komponenten reicht von Bruchteilen eines Millimeters bis zur Größenordnung von 20 m (Abb. 2-4). Mörteltextur und Brekziengenerationen (Brekzien-in-Brekzien) sind häufig. Im Dünnschliff beobachtet man kataklastisches Fließgefüge der Matrix. Brekziengänge, die die Megabrekzie durchschlagen, gehören meist zum polymikten Typ.

Die Megabrekzie prägt auch sehr stark das Landschaftsbild mit einer buckeligen, vegetationslosen Oberfläche, aus der die großen Komponenten der Brekzie turm- und inselartig hervorragen.

Am besten kann man die makroskopischen Eigentümlichkeiten der Megabrekzie etwa 5 km südlich von Belchite studieren, wo die aufgelassene Eisenbahnstrecke eindrucksvolle Einblicke ermöglicht. Ausführlicher wird die Megabrekzie bei Fiebag (1988) und Katschorek (1990) beschrieben.

Nicht verwechselt werden sollte die Megabrekzie mit der wohlbekannten Carniolas-Rauhwacke-Brekziierung (Cortes de Tajuña-Formation), obgleich das immer wieder passiert ist ( siehe z.B. M. Aurell et al. 1993 und M.Aurell 1994).

Abb. 1. Geologische Übersichtskarte der Azuara-Impaktstruktur mit den Vorkommen der Megabrekzie bei Belchite und Herrera de los Navarros sowie den im Azuara-Gebiet untersuchten Vorkommen der Cortes de Tajuña-Formation Azuara area. 1 = Megabrekzie; 2 = Cortes de Tajuña Fm.; 3 = Paläozoikum; 4 = Mesozoikum; 5 = Känozoikum.

Abb. 2. Typisches Erscheinungsbild der Megabrekzie bei Almonacid de la Cuba und Belchite. Die Megabrekzie erzeugt eine ganz eigentümliche Landschaft mit einer weichen, buckeligen und vegetationslosen Oberfläche, aus der große Brekzien-Megablöcke herausragen (so z.B. in der Mitte der Aufnahme).

Abb. 3. Typische Ausbildung der Megabrekzie (3 km südwestlich von Belchite; Fotografie: Tanja Katschorek).

Abb. 4. Megaklasten der Größe 10 – 20 m in der Megabrekzie bei Almonacid de la Cuba. Fotografien J. Fiebag.

Abb. 5. Megaklasten – aufgeschlossen im alten Eisenbahneinschnitt durch die Megabrekzie bei Belchite. Im linken Megaklast ist die Bankung vollständig in eine homogene Gries-Brekziierung ungewandelt worden.

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Lithologisch ist die Megabrekzie eine polymikte Brekzie vorwiegend aus Karbonatkomponenten. Gelegentlich sind Klasten aus roten Schiefertonen (möglicherweise des Eozän) eingeschaltet. Brekziengenerationen (Brekzien-in-Brekzien) und Mörteltextur treten auf. Polymikte Brekziengänge von bräunlich-rötlicher Farbe durchschlagen die Megabrekzie. Unter dem Mikroskop zeigt die feinkörnige Matrix Fließgefüge (Abb. 7).

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Abb. 6. Polymikte Brekzienkomponente in der Megabrekzie (Brekzie-in-Brekzie); alter Bahneinschnitt bei Belchite.

Abb. 7. Kataklastisches Fließgefüge in der Matrix der Megabrekzie. Mikroskop-Aufnahme (J. Fiebag), einfach polarisiertes Licht (links) und xx Nicols (rechts); Breite der Aufnahme 600 µm.

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Stratigraphisch ist die Megabrekzie zwischen Trias- und Jura-Material eingeschaltet (siehe Abb. 8 und Abb. 9).

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Abb. 8. Schematischer Querschnitt durch die Lagerung der Megabrekzie mit den stratigraphischen Einheiten, die an der Brekzienbildung beteiligt sind. (aus Ernstson & Fiebag (1992), Fig. 13)

Abb. 9. Schematischer Querschnitt durch die Megabrekzie mit der Interpretation der Lagerung (Text oben) gemäß den Impaktgegnern (umgezeichnet und ins Englische übersetzt aus Cortés & Martínez (1999, Fig. 3)).

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Gemäß den Verfechtern einer endogenen Genese der Azuara-Struktur (Aurell et al., 1992; Aurell et al., 1993; Aurell, 1994; Cortés, 1994), korrespondiert die Megabrekzie mit der Cortes de Tajuña-Formation (Goy et al., 1976) mit einem Obertrias (Rhät) – Unterjura-Alter, die im Iberischen Iberian System wohlbekannt ist.. Stratigraphisch liegt diese Formation zwischen den Kalksteinen der Imón-Fm. (Obertrias (Rhät)) und der Cuevas Labradas-Fm. (Unterer Jura; Oberes Hettangium-Sinemurium-Unteres Pliensbachium; siehe Abb.10). Für die Entstehung der Cortes de Tajuña-Fm. gibt es drei verschiedene Modelle (Giner, 1978; Salas, 1986; San Román & Aurell, 1992):

— eine synsedimentäre Brekzie aus Erosionsprozessen an Beckenrändern

— eine Kollapsbrekzie als Folge der Lösung von Evaporitschichten, eingschaltet in die Karbonatschichten

–Brekziierung bei gleichzeitiger Evaporitlösung, Resedimentation und Kollaps von Karbonatmaterial in einem System nichtstabiler Hänge.

Abb. 10. Die stratigraphische Position der  Cortes de Tajuña-Fm. und die Megabrekzie. Die stratigraphische Säule ist umgezeichnet nach Aurell et al. (2001).

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Abb. 11. Äquivalent der Cortes de Tajuña-Fm. in der Betischen Kordillere. Straße zwischen Granada und Alcaudete (N-432).

Abb. 12.  Cortes de Tajuña-Fm. ca. 24 km südwestlich von Molina de Aragón (Provinz Guadalajara).

Abb. 13.  Cortes de Tajuña-Fm. bei Blesa in der Azuara-Impakstruktur (Lage siehe Abb. 1).

Abb. 14.  Cortes de Tajuña-Fm. bei Moneva in der Azuara-Impaktstruktur (Lage siehe Abb. 1).

Abb. 15.  Cortes de Tajuña-Fm. bei Moneva. Der mittlere Teil auf dem Foto zeigt Brekziierung, aber es existieren keine Komponenten größer als 2 m.

Abb. 16.  Cortes de Tajuña-Fm. bei Moneva. Die Kavernen stehen für die typische Ausbildung der Carniolas-Fazies. Auch eine gewisse Schichtung ist teilweise zu beobachten. Eine Brekzienbereich erscheint links im unteren teil. Die maximale Größe der Komponenten überschreitet 2 m nicht.

Abb. 17. Die Cortes de Tajuña-Fm. bei Moneva zeigt die typische Kavernenbildung der Carniolas sowie Kollapsstrukturen.

Abb. 18.  Cortes de Tajuña-Fm. bei Moneva. Details eines Kollapsbereiches. Die maximale Größe der Brekzienkomponenten überschreitet keine 2 m. Im Unterschied zu der Megabrekzie können auch keinerlei Klasten eingewickelt in eine Karbonatkruste beobachtet werden. Das gilt genauso für alle anderen Aufschlüsse der bisher von uns besuchten Cortes de Tajuña-Fm.-Aufschlüsse.

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Im Impaktmodel für die Azuara-Struktur entstand die Megabrekzie zu Beginn der Modifikationsphase des Kraterbildungsprozesses durch ein simultanes Zusammenwirken von noch anhaltendem Exkavationsfließen und dem Zurückfedern mit dem Kollaps des transienten Kraters (Fiebag, 1988; Katschorek, 1990; Ernstson & Fiebag, 1992) (Abb. 19). Während dieses simultanen Zusammenwirkens führten Relativbewegungen und gegenläufige Bewegungen benachbarter Schichten in der stratigraphischen Abfolge zu der immensen internen Brekziierung, was auch durch das kataklastische Fließgefüge der Brekzienmatrix belegt wird. Es gibt eine überzeugende Erklärung dafür, dass die Megabrekzie nicht überall in der Zone des äußeren Ringes beobachtet wird, sondern sich auf die Kalksteinschichten der Carniolas und des Lias konzentriert. Die brekziierten Kalksteine liegen auf den Keupermergeln, die – abgesehen vom Unteren Tertiär – die einzige inkompetente Einheit mit merklicher Mächtigkeit (50 – 200 m) innerhalb der Azuara-Stratigraphie sind und die als eine Art Schmiermittel gedient haben könnten.

Abb. 19. Schema der Entstehung der Megabrekzie in der beginnenden Modifikationsphase (aus Ernstson et al. 2001).

Fassen wir zusammen: Es gibt keinen Impaktbefürworter, der die Existenz der Cortes de Tajuña-Fm. und ihr weitflächiges Auftreten im Iberischen System in Abrede stellt, und niemand bezweifelt, dass Lösung, Kollaps und verwandte Prozesse bei der Bildung mitgewirkt haben. Auf der anderen Seite bestreiten wir ausdrücklich, dass in den Arealen von Belchite, Almonacid de la Cuba und Herrera de los Navarros die Megabreccie identisch mit der Cortes de Tajuña-Fm. ist. Das ist ganz einfach damit zu belegen, dass Lias-Schichten, stratigraphisch jünger, ebenfalls von der Megabreziierung betroffen sind (siehe Abb. 10). Dieser Sachverhalt ist immer wieder herausgestellt (Fiebag (1988), Katschorek (1990), Ernstson & Fiebag (1992)), aber stets von den Impaktgegnern unterschlagen worden. Falls die Cortes de Tajuña-Fm. ursprünglich in diesen Zonen anstand, wurde sie vom Impakt betroffen und umgewandelt zu dem, was heute die Megabrekzie ist. Und davon kann sehr einfach abgeleitet werden, dass das Alter der Megabrekzie das Alter des Impaktes hat und sie sich im Oberen Eozän oder Oligozän gebildet hat.

Literatur

  • Aurell, M., Gonzalez, A., Perez, A., Guimerá, J., Casas, A. y Salas, R (1993): Discusión of „The Azuara impact structure (Spain): New insights from geophysical and geological investigations„ by K. Ernstson and J. Fiebag. Geol. Rundsch. 82, 750-755.
  • Aurell, M., Meléndez, A., San Roman, J., Guimera, A., Roca, E., Salas, R., Alonso, A. y Mas, R (1992): Tectónica sinsedimentaria distensiva en el límite Triásico-Jurásico en la Cordillera Ibérica. Actas III Cong. Geol. Esp. 1, 50-54.
  • Aurell, M. (1994): Discusión sobre algunas de las evidencias presentadas a favor del impacto meteorítico de Azuara, en „Extinción y Registro Fósil„ Cuadernos interdisciplinares nº 5 del Seminario Interdisciplinar de la Universidad de Zaragoza. Pags. 59-74.
  • Aurell, M., Bádenas, B., Casas, A. y Alberto, S. (2001): La geología del parque cultural del Río Martín. Edit Asociación Parque Cultural del Río martín: Zaragoza. 171 pp.
  • Cortes, A.L. (1994): Geometría y cinemática de las estructuras alpinas en el sector Cariñena-Belchite (Borde norte de la Cordillera Ibérica). Tesis de Licenciatura, Universidad de Zaragoza, 171 pp.
  • Cortés, A.L. y Martínez, B. (1999): Controversia científica para el aula: ¿ Tiene la cubeta de Azuara un origen extraterrestre?. Enseñanza de las Ciencias de la Tierra, 7.2, 143-157.
  • Ernstson, K., Claudin, F. & Rampino, M. (2001): A fieldguide to the Azuara impact structure (and its Rubielos de la Cérida companion crater). Impact workshop on „Impact Markers in the Stratigraphic Record„ Granada (Spain). Stop nº 5.
  • Giner, J. (1978): Origen y significado de las brechas del Lías de la Mesa de Prades (Tarragona). Estud. Geol. 34, 529-533.
  • Goy, A., Gomez, J.J.y Yebenes, A. (1976): El Jurásico de la Cordillera Ibérica (mitad norte): unidades litoestratigráficas. Estud. Geolo. 32, 391-423.
  • Salas, R (1986): El cicle Juràssic al marge oriental d’Ibèria, en „Història Natural dels Països Catalans, Geologia I„, edit Enciclopedia Catalana: Barcelona, 292-306.