Gravimetrie (Schweremessungen)
Die Schweremessungen auf ca. 185 km Meßstrecke umfassen 350 Gravimeterstationen bei einem Punktabstand von 500 m (Abb. 1). Aus den wie üblich nach Bouguer reduzierten Daten (Reduktionsdichte 2300 kg/km³; Reduktionsniveau 820 m NN) wurde eine Karte der Bouguer-Anomalien konstruiert (Abb. 1). Sie zeigt eine komplexe Schwereverteilung, die – unabhängig vom Impakt – bereits auf Grund der bekannten lithologischen und strukturellen Verhältnisse in der Azuara-Region zu erwarten war. Das Schwerefeld wird von einem sehr starken regionalen Gradienten beherrscht, der von einer generell negativen Anomalie innerhalb der Azuara-Struktur überlagert wird. Für weitergehende Analysen wurde ein vorläufiges Regionalfeld (Abb. 2) abgezogen. Da es bei der Kampagne keine Meßstationen außerhalb der Azuara-Struktur gab, basiert das Regionalfeld auf der Bouguer-Karte 1 : 1 000 000 der Iberischen Halbinsel (IGCE, 1976) und auf Daten, die A. Casas (Barcelona) freundlicherweise zur Verfügung stellte.
Abb. 1. Azuara-Impaktstruktur: Vorläufige Karte der Bouguer-Anomalien. Abstand der Isogammen 1 mGal.
Abb. 2. Azuara-Impaktstruktur: Ein vorläufiges regionales Schwerefeld. Abstand der Isogammen 1 mGal.
Wegen der flächenmäßig relativ geringen Punktdichte schien es ratsam, Bouguersche Restfeldanomalien (Abb. 4) für ausgewählte Profilstrecken (Abb. 3) zu ermitteln. Sie zeigen ein breites Schwereminimum innerhalb der grob ringförmigen Umgrenzung der Azuara-Struktur. Die Amplitude erreicht grob -100 µm/s² (= – 10 mGal). Eine ausgeprägte negative Schwereanomalie zeigen nahezu alle Impaktstrukturen, für die Untersuchungen der Gravimetrie existieren. Es wird allgemein angenommen, daß Auswurf, Brecciierung und schockinduzierte Mikrozerbrechungen der Gesteine das Hauptmassendefizit verursachen. Darüber hinaus erweist sich die Amplitude von etwa -100 µm/s² als vernünftiger Wert; Impaktstrukturen vergleichbarer Abmessungen zeigen dieselbe Größenordnung (Pohl, J. (1990), Fennoscandian Impact Symposium, May 29-31, 1990, Espoo, Finland). Trotzdem ist eine gewisse Vorsicht angebracht, da diese Impaktstrukturen teilweise stark unterschiedlichen inneren Aufbau und sehr unterschiedliche Sedimentations- und Erosionsgeschichten haben. Außerdem hängt die Amplitude der Azuara-Anomalie von der Wahl des Regionalfeldes ab.
Abb.3 . Lageplan für die ausgewählten Schwereprofile. 1 = Paläozoikum, 2 = Mesozoikum, 3 = Auswurfmassen (Pelarda-Fomation), 4 = Känozoikum.
Abb. 4. Profile vorläufiger Restfeldanomalien in der Azuara-Struktur. Lage der Profile in Abb. 3. Die Nullachse liegt im Kreuzungspunkt der Profile.
Die sechs radialen Restfeldprofile der Abb. 4 wurden gestapelt, um ein gemitteltes radiales Schwereprofil (Abb. 5) als Basis von einfachen Modellrechnungen zu erhalten. Die Struktur des Models (Abb. 5, unten) orientiert sich an den Ergebnissen ähnlicher Modellrechnungen für andere große Impakte (z.B. Rochechouart (POHL et al., 1978; SCHMIDT, 1984), Ries (JUNG et al., 1969; ERNSTSON & POHL, 1977)), und man erkennt, daß sich eine grundsätzlich andere Dichteverteilung nicht aufdrängt. Wie im Fall der Ries- und Rochechouart-Impakte ist eine ziemlich flache, wenige Kilometer tiefe Struktur mit der gemessenen Schwere verträglich. Das gesamte Massendefizit des Modells beträgt 1.24 x 1014 kg, was im Rahmen der aus Schweremessungen abgeleiteten Massendefizite anderer großer Impaktstrukturen liegt (Abb. 6).
Abb. 5. Modelrechnungen für die Schereanomalie der Azuara-Struktur. Oben: Gemitteltes radiales Profil der Bouguerschen Restfeldschwere. Unten: Dichtemodell für eine rotationssymmetrische Massenverteilung. M = gesamte Masse des Modells.
Abb. 6. Aus Schweremessungen abgeleitete Massendefizite als Funktion des Durchmessers für irdische Impaktstrukturen. Daten aus Pohl et al. (1978, und Zitate dort), Ernstson (1984).
In der Regel zeigen komplexe Impaktstrukturen Schwereanomalien, die gleichermaßen komplex sind. Innere Ringe, ein Zentralberg, periphere Grabenzonen und Breccienkomplexe können zu lokalen Anomalien beiderlei Vorzeichens und mit näherungsweiser Rotationssymmetrie führen, wobei sich die lokalen Anomalien der negativen Hauptanomalie überlagern. In dieser Hinsicht ist die Beobachtung auffällig, daß relativ positive Anomalien ein ringähnliches Schweremuster innerhalb des morphologischen Randes der Azuara-Struktur bilden (Abb. 4 und 7). Gemäß Abb. 7 beträgt der Durchmesser etwa 17 km, was grob dem halben Durchmesser des Hauptringes entspricht. Diese lokalen Anomalien mögen durch mesozoische und/oder paläozoische Gesteine erklärt werden, die einen inneren strukturellen Ring – zugedeckt von tertiären Sedimenten geringer Dichte – bilden.
Abb. 7. Ein innerer Ring der Azuara-Struktur? Die gestrichelte Linie zeichnet relativ positive Anomalien nach, die in Abb. 4 zu sehen sind. Geologie wie in Abb. 3.
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Messungen der Geomagnetik
Die Azuara-Struktur mit 35-40 km Duchmesser ist wegen ihres etwa 10 km mächtigen rein sedimentären Einschlaggebietes eine außergewöhnliche Impaktstruktur. Obwohl dieses mächtige Sedimentpaket größtenteils aus Karbonatgesteinen und Quarziten aufgebaut ist, werden signifikante magnetische Aomalien gemessen, die ganz offensichtlich mit der Kraterstruktur zusammenhängen (Abb. 8, 9) [kompletter Artikel: Ernstson, K. & Fiebag, J. (1992): The Azuara impact structure (Spain): new insights from geophysical and geological investigations. – Int. J. Earth Sci., 81, 403 -427; http://www.springerlink.com/content/h3817t72781601tn/ ].
Abb. 8. Magnetfeldanomalien (Totalintensität) entlang eines Profils der Gravimetrie. Ein Model für die Ursache der magnetischen Anomalien zeigt Abb. 10.
Abb. 9. Der Verlauf des kombinierten Profils der Gravimetrie und der Geomagnetik von Abb. 8, das die Azuara-Impaktstruktur (grob umrandet mit dem gestrichelten Kreis) quert. Bild: Google Earth.
Gesteinsmagnetische Suszeptibilitätsmessungen machen es sehr wahrscheinlich, dass die suevitische Basalbrekzie als verantwortlich für die Anomalien angesehen werden muss. Während karbonatische Gesteine und Quarzite des Kratergebietes Suszeptibilitäten der Größenordnung (0,001 – 0,01) x 10-3 SI und Sandsteine maximale Suszeptibilitäten von 0,2 x 10-3 SI aufweisen, wurden an Proben der Basalbrekzie bis zu 2 x 10-3 SI gemessen. Darüber hinaus können Proben der Basalbrekzie eine signifikante remanente Magnetisierung zeigen. Aus der häufig deutlich roten Farbe der suevitischen Basalbrekzie schließen wir, dass bei der Entstehung der Basalbrekzie neue magnetische Phasen gebildet wurden, möglicherweise als Folge stark erhöhter Temperaturen, die eine thermoremanente Magnetisierung erzeugten.
In einem stark vereinfachenden Model (Abb. 10) zeigen wir, wie die Konzentration der magnetischen Anomalien in der äußeren Randzone der Azuara-Struktur erklärt werden kann.
Abb. 10. Einfaches Modell für die Quellen der magnetischen Anomalien in der Azuara-Impaktstruktur.
Literatur
Ernstson, K.: A gravity-derived model for the Steinheim impact crater. – Geol. Rundschau, 73, 2, 483-498, 1984.
Ernstson, K. & Pohl, J.: Neue Modelle zur Verteilung der Dichte und Geschwindigkeit im Ries-Krater. – Geologica Bavarica, 75, 355-371, 1977.
Ernstson, K. & Fiebag, J. (1992): The Azuara impact structure (Spain): new insights from geophysical and geological investigations. – Int. J. Earth Sci., 81, 403-427
IGCE (Instituto geográfico y catastral España): Mapa gravimétrico, Peninsula Ibérica e Islas Baleares. Anomalias Bouguer Sistema, 1967.
Jung, K., Schaaf, H. & Kahle, H.-G.: Ergebnisse gravimetrischer Messungen im Ries. – Geologica Bavarica, 61, 337-342, 1969.
Pohl, J.: Comparative gravity and magnetic studies of impact structures (Abstr.). Fennoscandian Impact Symposium, May 29-31, 1990, Espoo, Finland, 1990.
Pohl, J., Ernstson, K. & Lambert, P.: Gravity measurements in the Rochechouart impact structure (France). – Meteoritics, 13, 601-604, 1978.